Politiker wollen Schleusenerweiterungen im Niedersächsischen Landtag fordern
Wie der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 26. Januar 2016 zu entnehmen ist, fordert eine Gruppe von CDU-Politikern und Vertretern der Hafenwirtschaft, die Schleusen des Osnabrücker Hafens zu erneuern. Die Schleusenbecken seien für moderne Schiffe zu kurz, was Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Hafens hätte, der nur noch mit „Oldtimern“ und nur zu erhöhten Frachtraten zu erreichen sei. Geschätzte 50 Mio. € pro Schleuse würden für den Umbau notwendig sein.
Weil der Stichkanal bereits zum größten Teil für die großen Schiffe ausgebaut worden sei, müsse man nun noch dieses „Nadelöhr“ beseitigen, um den Hafen zur wirtschaftlichen Blüte zu bringen. Dazu werde man einen Antrag in den Landtag einbringen.
Der Bericht zitiert außerdem den CDU-Abgeordneten Lammerskitten mit der Aussage, der geplante Containerhafen in Bohmte sei ein „Ergänzungshafen und kein Ersatzhafen für Osnabrück“.
Schleusenerweiterungen reichen nicht aus um Probleme zu beseitigen
Die Probleme des Osnabrücker Hafens sind allerdings nicht einfach mit Schleusenerweiterungen gelöst, was eigentlich auch alle Beteiligten der Gruppe wissen sollten.
Ganz sicher weiß es der Osnabrücker Abgeordnete Burkhard Jasper. In einer Antwort am 26.09.2014 auf seine kleine Anfrage hin hatte das Niedersächsische Wirtschaftsminis-terium ihm u.a. geantwortet:
„Die maximale Abladetiefe beträgt bis zur Schleuse Haste (Ölhafen) 2,80 m. Im Hafen Osnabrück selbst ist nur eine Abladetiefe von 2,20 m möglich …. Die Anpassung des Hafenbeckens an den Ausbaustandard des Stichkanals (Tieferlegung Hafensohle) ist allerdings eine notwendige und wichtige Voraussetzung für die zukünftige Nutzung des Hafens, aus bautechnischen Gründen ist dies jedoch nicht in vollem Umfang möglich.“
Wie viel kostet die Ertüchtigung des Osnabrücker Hafens wirklich? Und lohnt sich das?
Der Osnabrücker Hafen bräuchte also nicht nur neue Schleusen, er müsste bis hin zur Haster Schleuse (ca. 2 km) auch vertieft werden, um von den großen Schiffen angelaufen werden zu können. Was aber nicht so einfach möglich ist, weil die jetzigen Spundwände zu kurz sind. Es müssten mehrere Kilometer neue Spundwände eingezogen werden.
Diese Kosten hätten eine ähnliche Größenordnung und würden zusätzlich zu den geschätzten 100 Mio. € der Schleusenvergrößerungen anfallen. Wir reden also eher über 200 als über 100 Mio. €.
Eine Amortisation der Gesamtkosten innerhalb einer überschaubaren Zeit wird nicht nur vom Wirtschaftsminis-terium sondern auch vom gesunden Menschenverstand angezweifelt.
Wenn sich das nicht lohnt, warum wird das trotzdem gefordert?
Wenn es eine Gruppe gibt, die über den Osnabrücker Hafen gut informiert ist, dann die, die sich zu diesem Pressetermin versammelte.
Und wenn diese Gruppe trotz ihrer Kenntnisse Schleusenerweiterungen ohne die dazugehörigen Hafen- und Kanalvertiefungen fordert, könnte man das als manipulativen Profi-lierungsversuch einer kommunalen Oppositionspartei abtun.
Man könnte auch auf die Idee der Salamitaktik kommen, bei der erst einmal der Ausbau der Schleusen gefordert wird, um genau damit dann die Hafenvertiefung zu fordern. Ganz abwegig wäre dieser Gedanke nicht, argumentiert diese Gruppe doch bereits jetzt sehr ähnlich, indem sie mithilfe des schon erfolgten Ausbaus des Stichkanals die Vergrößerung der Schleusen einfordert.
Kann der Bohmter Hafen überhaupt ein "Ergänzungshafen" zum Osnabrücker Hafen sein, wenn in Osnabrück so große Summen investiert werden müssen? Ist es dann nicht eher genau andersherum?
Eine weitere und unserer Meinung nach nicht unmaßgebliche Erklärung für diesen Pressebericht liefert die dort platzierte Aussage, dass der geplante Containerhafen in Bohmte lediglich ein "Ergänzungshafen" des Osnabrücker Hafens sei, kein "Ersatz-hafen". Mit der geforderten 100-Mio-Investition in die Ertüchtigung des Osnabrücker Hafens wird diese Aussage augenscheinlich bestätigt, denn warum sollte man in einen alten Hafen investieren, wenn der in Kürze durch einen neuen ersetzt wird?
Wenn also der Bohmter Hafen tatsächlich demnächst die Nachfolge des Osnabrücker Hafens antritt, würde man doch die Schleusen in Osnabrück nicht mehr erweitern.
Also tritt er sie nicht an, die Nach- folge. Logisch, oder?
Leider nicht.
Denn die Schleusenerweiterung ist eine Forderung - mehr nicht. Und sie ist eine Forderung wider besseres Wissen. Das ist populistisch.
Das heißt: Diese Forderung wurde aufgestellt, obwohl allen Beteiligten klar gewesen sein muss, dass sie
- nicht ausreicht, um die Probleme zu lösen,
- nicht zu finanzieren ist,
- bislang von den zuständigen Ministerien abgelehnt wurde, und dass
- im Landtag aufgrund der Mehrheitsverhältnisse auch keinerlei Chance auf eine Änderung dieser Ablehnung besteht.
Wir verstehen den Presseartikel daher auch mehr als Botschaft an uns bzw. eine Reaktion auf unsere Proteste gegen den Bau eines Containerhafens in Bohmte, bei der wir die Position vertreten:
Der geplante Containerhafen in Bohmte kann als Containerhafen u.a. aufgrund der mangelnden Brückenhöhen wirtschaftlich nicht existieren.
Die Existenzmöglichkeit eines großen Universalhafens wurde hingegen u.a. durch die "Machbarkeitsstudie 2008" der Stadtwerke Osnabrück AG (die den Osnabrücker Hafen betreibt) bestätigt. In der Studie war nach einem ERSATZ für den Osnabrücker Hafen gesucht worden.
Aus taktischen Gründen wurde von der Machbarkeitsstudie mit ihrer Ersatzhafenplanung später verbal Abstand genommen und stattdessen die Formulierung des "Ergänzungshafens" gewählt („Ein Hafen – zwei Standorte“).
Was aber (z.B. auch wegen der dann notwendig werdenden hohen Investitionen in den Osnabrücker Hafen) keinen Sinn macht. Die Ersatzhafenplanung ist weiterhin die einzige, die Sinn macht!
Wir stellen daher die begründete These auf, dass der Containerhafen nur vorgeschoben wird, um einem Universalhafen den Weg zu ebnen.
In diesem Sinne verstehen wir den Presseartikel als Reaktion darauf, freuen uns sehr, dass unsere Botschaft angekommen ist, wundern uns allerdings ein wenig über eine derart umständliche Antwort. Wir werten den Aufwand, der mit diesem Presseartikel betrieben und angekündigt wird, als Bestätigung, dass sich durch unsere Aufklärungsarbeit die "Ergänzungshafen"-Befürworter unter Druck gesetzt fühlen.
Allerdings wäre es gar nicht nötig gewesen, den Landtag zu bemühen, ein gemeinsames Gespräch und ein ehrliches Vorgehen sind da viel hilfreicher.
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