Fachuntersuchung über den Containertransport auf Binnenschiffen

Die PLANCO Consulting GmbH ist eine EU-weit handelnde Beraterfirma zu Fragen der Verkehrswirtschaft, Logistik und Verkehrsinfrastrukturentwicklung mit dem Schwerpunkt der Binnenschifffahrt.

In ihrem Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen aus dem Jahr 2013 [1] untersucht sie die Frage, ob – und wenn ja: wie – die Binnenschifffahrt beim Containertransport gestärkt werden kann, und bearbeitet damit genau das Thema, das der geplante Containerhafen in Bohmte für seine Existenz beansprucht.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es durchaus Potenzial gebe, die Binnenschifffahrt stärker in Abläufe von Containertransporten zu integrieren, nennt allerdings auch Hemmnisse. Als Voraussetzung für eine effektive Binnenschiffsnutzung im Seehafen­hinterlandverkehr nennt sie u.a. die Erreichbarkeit der Binnenhäfen mit Großmotorgüterschiffen (GMS) und eine mindestens dreilagige Befahrbarkeit des Reviers (Brückenhöhen). Da dies für absehbare Zeit nur auf der Rheinschiene möglich ist, werden auch nur dort effektive Erweiterungspotenziale für Binnenhäfen gesehen (A‑Kategorie). Diese Binnenhäfen würden Teilverkehre der ZARA-Seehäfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) übernehmen können. Für die Nordhäfen (Hamburg, Bremen, Bremerhaven) sieht die Studie ein erheblich geringeres Umlagepotenzial auf Binnenschiffe (B-Kategorie). Ein Querverkehr zwischen ZARA- und Nordhäfen wird derzeit als nicht möglich angesehen. Binnenhäfen gehören für Containertransporte also entweder der einen (ZARA) oder der anderen Seite (Nordhäfen) an.

Die HWL-GmbH behauptet hingegen (ohne es zu belegen), Bedarfe aus beiden Seiten (Hamburg und Antwerpen) abdecken zu wollen.[2]

Aufgrund der nur einlagigen Befahrbarkeit des Dortmund-Ems-Kanals kann Antwerpen nach dieser Studie von Bohmte aus ohne Brückenanhebungen nicht wirtschaftlich bedient werden. Brückenanhebungen wurden im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 schon in den Vorüberlegungen abgelehnt.

Containerverkehre von und nach Hamburg sind per Binnenschiff zwar prinzipiell möglich, finden aber nur im geringen Umfang statt (2%). Für eine höhere Attraktivität müssten bestehende Einschränkungen behoben werden (Schiffshebewerk Lüneburg, Einschränkungen auf Elbe und Elbe-Seitenkanal, stark schwankende Pegel auf der Elbe, Umweg für Verkehre in Richtung Westen über Magdeburg, keine durchgängige dreilagige Befahrbarkeit). Auch wird das Hamburger Erweiterungspotenzial für Binnenschiffstransporte als relativ gering eingeschätzt, man rechnet optimistisch mit ca. 100.000 TEU im Jahr 2025.[3]

Von diesen 100.000 TEU wollen die Planer des Containerhafens Bohmte die Hälfte ihres prognostizierten Umschlagvolumens von 50.000 bis 70.000 TEU abgreifen. Und zwar vom ersten Jahr an, also noch bevor die 100.000 TEU in Hamburg überhaupt anfallen! Und dazu noch als Neuling im Wettbewerb zu den bereits etablierten Binnenhäfen in Braunschweig, Magdeburg, Hannover, Minden, Berlin und Riesa, auf die sich nach dieser Studie die zusätzlichen Binnenschiffsverkehre des Hamburger Hafens konzentrieren werden. Diese Häfen haben sich bereits dem Wettbewerb gestellt, indem sie modernisieren und / oder Partnerschaften mit Seehäfen eingegangen sind, z.B. hat der Binnenhafen in Minden eine Partnerschaft mit dem Hamburger Seehafen als „Eurogate-Hinterland Partner“ vereinbart.

Der Standort Minden ist daher in dieser Studie als ein Hafen der B-Kategorie aufgenommen worden. Die Bedeutung für das Umland von B-Kategorie-Häfen wird mit 100-200 Km angegeben.[4] Bohmte ist von Minden knapp 50 Km entfernt. Die Studie rät davon ab, zwei Häfen mit „stark überlappendem Hinterland“ zu fördern.[5] Sie rät auch davon ab, bimodale Häfen zu fördern, die lediglich den Schiff-Straße-Umschlag bedienen können, oder nur wenige Kilometer voneinander entfernte „trockene“ und am Wasser liegende.[6]

Aber all das wird in Bohmte geplant.

 

Insgesamt widerspricht die Studie sehr deutlich einem möglichen Containerhafen-Standort in Bohmte. Und zwar in nahezu sämtlichen Punkten, auch und besonders in Bezug auf einen möglichen Bedarf.

 



[1] PLANCO Consulting GmbH: Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen. Endbericht für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Essen, 2013.

 

[2] „… Die Tatsache, dass in Richtung Hamburg über die Weser [!] nur zweilagig und in Richtung Antwerpen bis zum Rhein nur einlagig Container transportiert werden können, ist in den Planungen der HWL berücksichtigt. Hamburg und Antwerpen sind dabei die beiden anzufahrenden Hauptdestinationen. …“ Schreiben von HWL-Mitgeschäftsführer Siegfried Averhage vom 1.9.2015 an Iris Riepenhausen und Martin Becker.

 

[3] „… Anders als bei den beiden Westhäfen sehen die erwarteten Entwicklungen im Seehafen Hamburg aus. Aktuell verteilen sich die Hinterlandverkehre wie folgt auf die Verkehrsträger: Die Straße hat einen Anteil von 66%, die Schiene von 32% und das Binnenschiff von lediglich 2%. Der verhältnismäßig geringe Anteil der Binnenschifffahrt ist wesentlich durch die gegenüber dem Rhein ungünstigere Leistungsfähigkeit der Binnenwasserstraßen im Hamburger Hinterland zu erklären. […] Nimmt man an, dass aufgrund der spezifischen Transportanforderungen und der Kostensituation etwa 10% dieser Verkehre verlagerbar sind, könnten bis zu 500.000 TEU über einen Hinterland-Hub abgewickelt werden. Der größte Teil dieser Verkehre würde per Bahn in den Hinterland-Hub transportiert, um von dort weiter verteilt zu werden. Es wird eine Aufteilung von 400.000 TEU Bahn und 100.000 TEU Binnenschiff geschätzt. …“

PLANCO Consulting GmbH: Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen. Endbericht für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Essen, 2013, S. 73, 78.

 

[4] ebd., S. 81.

 

[5] ebd., S. 23,24

 

[6]…Diese Partnerschaft Binnenhäfen - Bahn sollte weiter betrieben werden, um konkurrierende, nur wenige Kilometer voneinander entfernte „trockene“ und am Wasser liegende Hubs nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. soweit diese bereits bestehen, eine gute Verbindung zwischen beiden herzustellen.“ ebd., S. 24.

Das „trockene“ KV-Terminal im Osnabrücker Hafen und der geplante Containerhafen in Bohmte liegen ca. 20 Km voneinander entfernt.