Unsere 7 Hauptargumente

Eine altbekannte Kritik an viele Bürgerinitiativen lautet: sie beklagen Projekte, die sie zwar nicht grundsätzlich ablehnen, aber nicht in ihrer Nähe haben wollen. Der "NIMBY"-Vorwurf ("Not In My Back Yard").

Der Vorwurf schmeckt ein wenig rechthaberisch, denn Betroffene haben sehr wohl gut begründete Rechte, ihren Hinterhof (Backyard) zu schützen. Die eigene Wohnung wird im deutschen Rechtssystem als ein wertvolles und hoch stehendes Gut betrachtet.

Bei uns liegt die Sache sogar noch um einiges schlimmer: Es geht nicht nur um die Anwohnerrechte, es geht uns in erster Linie darum, nicht verarscht zu werden. Denn die Planung eines Containerhafens in Bohmte ist eine Mogelpackung, um andere Interessen durchzuboxen. Das Verfahren ist ein Strohmann-Verfahren, bei dem der Containerhafen vorgeschickt wird, um einen Ersatzstandort für den Osnabrücker Hafen mitsamt seinen Industrien zu etablieren.

Dagegen wehren wir uns ganz erheblich!

Wir kritisieren:

  1. Zuallererst bemängeln wir die offensichtliche praktische Untauglichkeit des Projekts. Geplant ist der Containerhafen, um Waren von und zu den „Hauptdestinationen“ Antwerpen und Hamburg zu transportieren.
    Der Transport von Containern auf Binnenschiffen unterscheidet sich vom Transport von Massengütern darin, dass Container relativ leicht sind und übereinander gestapelt werden können. Genau dafür werden sie gebaut. Ein Binnenschiff kann vier Lagen Container übereinander transportieren und braucht dazu eine Brückendurchfahrtshöhe von 9,10 Metern.
    Das Kanalnetz ist aber darauf nicht ausgerichtet.
    Auf dem Mittellandkanal selbst ist lediglich eine Höhe von 5,20 Metern garantiert, die nur für einen zweilagigen Containertransport ausreicht. Auf dem Weg von Bohmte nach Antwerpen liegt der Dortmund-Ems-Kanal (DEK), dessen Brücken teilweise erheblicher niedriger sind. Dort ist nur ein einlagiger Transport möglich. Ein mit Containern beladenes Schiff kann auf dieser Strecke also nur zu 1/4 seiner Ladekapazität beladen werden.
    Auf dem Weg zwischen Bohmte und Hamburg ist immerhin ein zweilagiger Transport möglich (1/2 der Ladekapazität), allerdings ist das Schiffshebewerk Lüneburg-Scharnebeck nur für Schiffslängen bis 100 Meter geeignet, moderne  Groß- oder Übergroße Motorgüterschiffe (GMS oder ÜGMS) sind aber länger als 100 Meter. 
    Ein einlagiger Containertransport ist nicht kostendeckend und daher unrealistisch, ein zweilagiger Containertransport ist finanziell grenzwertig und kann nur dann erfolgen, wenn höhere Frachttarife vereinbart werden, was ebenfalls unrealistisch ist. Untersuchungen bestätigen die Wirtschaftlichkeit von Containertransporten auf Binnenschiffen ab drei Lagen, und Binnenschiffer-Berufs­verbände fordern Brückenanhebungen, was das Bundesverkehrsministerium allerdings ablehnt.
    Fazit: Die Brückenhöhen auf dem Kanalnetz stehen einem wirtschaftlichen Containertransport an diesem Standort entgegen! Das Projekt ist unsinnig und absurd!
  2. Wir bemängeln außerdem, dass die Wegbereiter des Projekts mit unrealistischen Zahlen agieren.
    Die eigens gegründete Entwicklungsgesellschaft „Hafen-Wittlager-Land-GmbH“ (HWL-GmbH) beziffert die Kosten des Projekts auf 13,6 Mio. €, wobei 4,6 Mio. als Zuschüsse eingeplant werden. Verbleiben 9 Mio. €, die über Kredite finanziert werden, was Kreditkosten von ca. 450.000,- € verursacht. Zählt man noch allgemeine Kosten hinzu, greift  man sicherlich nicht zu hoch, den Finanz­bedarf der HWL mit mindestens 500.000,- € im Jahr zu beziffern. Dies ist logischerweise gleichzeitig die Mindestsumme, die ein Betreiber erwirtschaften muss. Da er eigene Personal- und Sachkosten hat, muss er dafür einen jährlichen Umsatz von vorsichtig geschätzten 1 bis 1,5 Mio. € erzielen.
    Um diese Summe erreichen zu können, sind ca. 50.000 TEU (Standard-container) pro Jahr umzuschlagen (ca. 42.500 Hübe). Das wären dann ca. 200 TEU pro Tag bzw. vier Großmotorgüterschiffe am Tag in Richtung Westen oder zwei in Richtung Osten (einlagig oder zweilagig beladen).
    Diese Menge ist vollkommen unrealistisch, außerdem hat sich das Finanzvolumen des Projekts inzwischen sogar noch erhöht und der Landkreis seine Bürgschaft aufgestockt.
    Der seit 2002 existierende Containerhafen in Minden – am Kreuzungspunkt von Mittellandkanal und Weser gelegen, keine 50 km von Bohmte entfernt und selber mit großen Erweiterungsplänen befasst – schlug im ersten Betriebsjahr ca. 1.100 TEU und im zehnten Jahr ca. 15.000 TEU um. Für das 23. Betriebsjahr 2025 werden 34.600 TEU prognostiziert.
    Auf dem ganzen westlichen Mittellandkanal, also etwa von Rheine bis Minden, wurden im gesamten Jahr 2007 genau 87 Container transportiert, 2012 waren es 143 Stück (!) pro Jahr.
    Die von der HWL vorgestellten Prognosen sind unhaltbar. Sie dienen dazu das Projekt schönzureden und Fördermittel abzugreifen!
  3. Die HWL-GmbH agiert mit öffentlichem Geld im privatwirtschaftlichen Raum und verfälscht den Wettbewerb. Sie geht dabei sehr rabiat vor und hat einen direkten Konkurrenten vor Ort – Kanalumschlag Bohmte, Zerhusen – mit teilweise mafiösen Methoden aus dem Geschäft gedrängt (s.u.). Dabei hat sie einerseits öffentlich behauptet, die Fa. Zerhusen zu fördern, ihr aber gleichzeitig und systematisch sämtliche Entwicklungsmöglichkeiten geraubt.
    Durch die Personalunionen von Bürgermeister, Kreiswirtschaftsförderung und HWL-GmbH-Geschäftsführung wird Verwaltungs- und HWL-Handeln unzulässig miteinander verknüpft (Veränderungssperre).
    Das Projekt steht damit im scharfen Widerspruch zu den Grundsätzen von Offenheit, Transparenz und Fairness. Außerdem widerspricht es dem §136 der niedersächsischen Kommunalverfassung, der die Konkurrenz zwischen öffentlicher Hand und privaten Betreibern in Fällen der nicht direkten Daseinsfürsorge zugunsten der privaten regelt.
  4. Das Projekt ist keine Infrastrukturmaßnahme! Die HWL behauptet, den Hafen als Infrastrukturmaßnahme bauen zu wollen. Allerdings gibt es gar keinen Mangel an Häfen in der Region. Was Häfen und Umschlagplätze angeht, ist die Infrastruktur am Mittellandkanal sehr gut ausgebaut. Das bestätigt auch zumindest indirekt und sicherlich unbeabsichtigt die „Machbarkeitsstudie“ der Stadtwerke Osnabrück AG aus dem Jahr 2008, bei der es um einen möglichen neuen Standort des Osnabrücker Hafens geht, und die allein 12 regionale Kanalhäfen auflistet. Dabei ist die Liste ist nicht einmal vollständig. Allein im Bereich der Stadt Bramsche gibt es drei Hafenstandorte am Mittellandkanal.
  5. Die von der niedersächsischen Landesregierung geforderte und von der HWL-GmbH für das Projekt entsprechend passend verkündete Trimodalität (Umschlagmöglichkeiten eines Hafens zwischen Wasser, Straße und Schiene) ist keine. Die HWL-GmbH behauptet, die beiden Häfen in Osnabrück und Bohmte würden zusammen „trimodal“ agieren („Trimodal an zwei Standorten“).
    Die Behauptung ist irreführend! Osnabrück und Bohmte sind zwei voneinander unabhängige Hafenstandorte, die 20,2 km voneinander entfernt liegen, lediglich mit öffentlichen Straßen verbunden sind, sich im Besitz von unterschiedlichen Firmen befinden und zusätzlich noch von unterschiedlichen Firmen betrieben werden bzw. werden sollen.
    Die Forderung aus dem niedersächsischen Raumordnungsprogramm nach Trimodalität des Standortes wird im Gegensatz zur HWL-Behaup­tung nicht erfüllt!
  6. Gegen die Planung, insbesondere gegen die öffentliche Förderung des Projekts in Höhe von 4,6 Mio. € durch das Wasser- und Schifffahrtsamt des Bundes hatte der Betreiber des Kanalhafens Bohmte, Zerhusen, geklagt. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 23.09.2014 wurde Zerhusens Ansicht bestätigt, die finanzielle Förderung der HWL-GmbH als falsch verurteilt und das Wasser- und Schiffahrts­amt beauftragt, „unter Beachtung der Rechts­auffassung des Gerichts erneut zu entscheiden“.
    Was die Behörde jedoch unterließ.
    Unserer Meinung nach ist das gesamte Projekt fragwürdig. Unter all den Fragwürdigkeiten ist diese Angelegenheit aber besonders krass: Ein Verwaltungsgericht verurteilt eine Behörde, einen Verwaltungsakt nach den gerichtlich bestimmten Kriterien zu korrigieren, doch die Behörde macht ganz einfach … nichts. Gar nichts. Weder ficht sie das Urteil an, noch folgt sie ihm. Null Aktivität. Das Wasser- und Schifffahrtsamt stellt sich tot.
    Bei der daraufhin von Zerhusen angestrengten Unterlassungsklage verschleppen Behörde und HWL-GmbH das Verfahren. Parallel dazu werden mögliche Erweiterungsflächen blockiert, Zerhusen mit einer Veränderungssperre belegt und unter Druck gesetzt, seinen Hafen an die HWL zu verkaufen. Was nach einigen Jahren auch geschieht.
    Zerhusen zieht daraufhin seine Unterlassungsklage zurück. Aber was ist mit dem Urteil? Die HWL-GmbH beansprucht ungeniert weiterhin diese Förderung („Wir sind im Besitz eines gültigen Förderbescheids“), die vor Gericht als nicht rechtens verurteilt worden ist.
  7. Das Bauleitverfahren wurde und wird mit heißer Nadel gestrickt. Belastungen für Bewohner werden bis zum Grenzwert und darüber hinaus ausgereizt. Die Lärmprognose ist fehlerhaft und nicht realistisch. Biologische Untersuchungen sind nachlässig durchgeführt und mangelhaft. Die Zunahme des Straßen-, insbesondere des LKW-Verkehrs für Betroffene in unmittelbarer und mittelbarer Nähe wird nur unzureichend berücksichtigt.
    Einwände von Betroffenen wurden pauschal und unsachlich abgewogen und abgewiesen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgte lediglich im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaß.
    Auf den Informationsveranstaltungen der IG Oelinger Hafen und auf den (wenigen) Veranstaltungen der Verwaltung zu diesem Thema sprach sich eine große Menge der betroffenen Bürger gegen das Projekt aus. Knapp 50 teilweise sehr umfangreiche Einwände von Bürgern in dem Verfahren zeigen die Skepsis gegenüber dem Vorhaben. Aber auch einige Träger öffentlicher Belange haben Bedenken angemeldet, z.B. die niedersächsische Straßenbehörde für Straßenbau und Verkehr Osnabrück, die auf das Verursacherprinzip hinweist und fordert, Folgekosten für Straßenerweiterungen dem Projekt zuzuschlagen. 

 

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