Bericht über die Bohmter Ratssitzung am 27. Juni 2019

Rat und Verwaltung haben sich in den letzten Wochen mit vielen Themen beschäftigt, großen Raum im Bericht des Bürgermeisters nahm dabei der Großbrand in einer Kunststofffabrik ein. Für uns war aber TOP 14 „Jahresabschluss Hafen Wittlager Land GmbH zum 31.12.2018“ von besonderem Interesse. Dazu hatte die HWL-GmbH einen Abschlussbericht für 2018 und einen Entwurf (!) eines Prüfberichts vorgelegt.

Der HWL-Jahresabschluss schließt mit einem Verlust von 407.234,99 €. Die Verwaltung schlug vor, den Abschluss zu akzeptieren, den Verlust aus der „Kapitalrücklage“ auszugleichen, die Geschäftsführung zu entlasten und eine entsprechende Weisung an die Vertreter der Gemeinde Bohmte in der Gesellschafterversammlung der HWL zu erteilen. Der Vorschlag würde „keine finanziellen Auswirkungen“ auf den kommu­nalen Haushalt haben.

Es entsprang eine Diskussion darüber, ob man denn über ein Papier abstimmen könne, in dem auf jeder Seite stehe: „Unverbindlicher Entwurf. Änderungen und Ergänzungen vorbehalten!“ Gerade im Bereich „Lagebericht“ könnten sich durch das Münsteraner Gutachten Veränderungen ergeben. Das Gutachten scheint noch nicht in den Prüfbericht eingeflossen zu sein.

Bürgermeister Goedejohann, der eigentlich aufgrund der Betroffenheit als HWL-Mitgeschäftsführer an der Diskussion nicht teilnehmen wollte, meldete sich dann aber doch zu Wort: Es ginge nicht um eine politische Bewertung der Containerhafenbeteiligung, sondern darum, ob der Jahresabschluss 2018 korrekt sei. Letztlich sei es sogar egal, ob der Rat eine Weisung erteile oder nicht, die HWL-Gesellschafterversammlung in zwei Wochen müsse darüber entscheiden.

Die Vertreter der SPD machten deutlich, dass sie sehr wohl eine Neubeurteilung des kommunalen Hafen-Engagements wünschen und auch den Prüfbericht kritisch sähen, immerhin gehe es in dem Prüfbericht nicht nur um den HWL-Abschluss, sondern auch um eine Beurteilung der zukünftigen Lage.

Die CDU meinte, dass man über alles reden könne, aber erst einmal den Abschluss hinter sich bringen müsse. Wenn es dazu noch Diskussionsbedarf gebe, solle die Entscheidung darüber vertagt werden.

Grüne und Linke sahen sich durch das Münsteraner Gutachten in ihrer Kritik gegenüber dem Containerhafen bestätigt und forderten eine Ablehnung der Beschlussvorlage und die erneute Beurteilung der Lage.

Der Sitzungsleiter ließ dann über die Beschlussvorlage abstimmen, mit der lustigen Begründung, das sei der weitergehende Antrag. Also: Der Antrag, über die Beschlussvorlage abzustimmen, sei relevanter als der CDU-Antrag, darüber nicht abzustimmen und sich erst noch einmal zu beraten.

Da hatte er wohl Umfang mit Relevanz verwechselt.

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Also wurde abgestimmt: Die CDU stimmte mit 10 Stimmen dafür, Grüne und Linke mit 5 Stimmen dagegen und 10 Stimmen der SPD enthielten sich. Damit war der TOP durch.

Die Containerhafen-Diskussion aber noch lange nicht. Denn es wurde deutlich, dass die Mehrheit der Ratsmitglieder (Grüne, Linke, SPD) den angeblichen Hafen-Erfolgsgeschichten der HWL-GmbH nicht mehr uneingeschränkt glauben. Die Münsteraner Potenzialanalyse hat sie misstrauisch gemacht und die bisherigen Beteuerungen der HWL als  Schönfärberei entlarvt. Selbst hier, in der Vorlage zu TOP 14, war die Tendenz zur Schönfärberei nicht zu übersehen. Denn natürlich haben die Aktivitäten der HWL-GmbH sowohl kurz-, insbesondere aber langfristig erhebliche finanzielle Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt:

Die "Kapitalrücklage", aus der die Verluste gezahlt werden sollen, tragen die Gesell­schafter anteilig in Höhe ihrer Beteiligung. Für Bohmte sind das 152.713,12 € (37,5%). Gleich auf der ersten Gesellschafterversammlung des Jahres am 21.3.2018 waren „Vorauszahlungen auf Nachschüsse für das Geschäftsjahr 2018“ eingefordert worden, aus denen diese Summe nun bezahlt werden soll. Das heißt: Landkreis und beteiligte Kommunen haben das Geld bereits überwiesen. Der Bohmter Anteil stammt also aus dem kommunalen Haushalt. (Der Landkreis-Anteil übrigens auf­grund der Kreisumlagefinanzierung anteilig ebenfalls. Es wäre spannend, einmal die genauen Kosten zu ermitteln.)

Langfristig wird diese Belastung auch nicht geringer. Das Gegenteil ist der Fall. Denn der eigentliche Zweck der HWL-GmbH, Bau des Container- und Ausbau des Massenguthafens, stehen noch bevor. Die Kosten dieser Baumaßnahmen müssen von der HWL-GmbH bzw. deren Gesellschaftern getragen werden. Die erwähnten Zuschüsse in Höhe von 6,466 Mio. € für den Containerhafen (Förderquote: 56,9%) und 5,378 Mio. € (50%) für den Massenguthafen bedeuten, dass von der HWL-GmbH 43,1%, also mindestens 4.897.796,13 € für den Containerhafen und 5,378 Mio. € für den Massenguthafen übernommen werden müssen. Zusammen also mindestens 10.275.796,13 €.

Der Anteil für die Gemeinde Bohmte (37,5%) beträgt 3.853.423,55 € (plus Kreisanteil per Umlage).

Wahrscheinlich liegt diese Summe sogar noch erheblich höher, denn die Risiken des Projekts wurden im Lagebericht des Jahresabschlusses nicht korrekt dargestellt.

Die Wirtschaftlichkeit des Containerhafens ist stark zweifelhaft. In erster Linie sprechen die niedrigen Brückenhöhen gegen das Projekt. Die IG Oelinger Hafen hat das in der Vergangenheit mehrfach und ausdrücklich vorgetragen. Von fachlicher Seite aus wurde diese Kritik nun vom Verkehrswissenschaftlichen Institut der Uni Münster bestätigt

An die Containerhafen-Förderung ist eine 20-Jahre-Bindung geknüpft. Innerhalb dieser Zeit dürfen dort nur Container, kein Massen- oder Schwergut umgeschlagen werden. Wenn der Umschlag dort nicht in dem von der HWL-GmbH erwarteten Umfang stattfindet (39.697 bis 46.523 Ladeeinheiten pro Jahr [die HWL-GmbH hat die ursprünglich geplanten 51.549 bis 71.932 Ladeeinheiten pro Jahr inzwischen zurückgenommen]) , wird der Hafen defizitär arbeiten. Das Defizit wird von der HWL-GmbH bzw. deren Gesellschaftern getragen werden müssen. Falls der Container­hafen innerhalb dieser 20 Jahre zu einem Massenguthafen umgewidmet werden sollte, muss die Fördersumme von 6,466 Mio. € zurückgezahlt werden.

Die Wirtschaftlichkeit des Massenguthafens ist ebenfalls strittig. Bislang hat die HWL-GmbH keinen konkreten Investor vorgestellt, der ein bestimmtes Auftragsvolumen bestätigt. Schaut man sich z.B. die Häfen in Minden, Hannover und Braunschweig an, muss festgestellt werden, dass sie mehr oder weniger deutlich und dauerhaft subventioniert oder querfinanziert werden.

Durch die ungünstige Lage des Bohmter Hafens (kein Bahnanschluss / geringe Brückenhöhen) ist es eher unwahrscheinlich, dass ausgerechnet das Bohmter Projekt eine Ausnahme sein soll.

Keines diese Risiken wird in dem Abschlussbericht erwähnt. Auch der Prüfbericht geht darauf nicht ein.

 

SPD-Fraktionsvorsitzender Rehme forderte eine Neubewertung des Projekts, falls es nicht tragfähig sei, müsse es beendet werden, dafür sei es nicht zu spät.

 

Wir unterstützen da Herrn Rehme sehr ausdrücklich.

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Kommentare: 1
  • #1

    T.Brömmer (Dienstag, 02 Juli 2019 20:26)

    Ein Containerhafen für Bohmte ist völlig Unsinnig! Nicht nur die Brückenhöhen und die fehlende Bahnanbindung sind da ein Kriterium.Alles,was da an Ladeeinheiten umgeschlagen werden soll,muss über die Straße hergebracht werden.Das bedeutet noch mehr LKW auf unseren Straßen,und immer noch keine Umgehung für den Bohmter Ortskern!! Lächerlich ist das! Und wo kommen denn bitte diese Zahlen für die Auslastung her? In Osnabrück befindet sich ein Terminal für die Bahnverladung von Containern,in Minden einer für Binnenschiffe.Bremen ist mit dem Lkw bequem in etwa einer Stunde über die Autobahn zu Erreichen.Eine Neubewertung der Sachlage ist meiner Meinung nach Unumgänglich,da sonst Gelder für ein unsinniges Projekt einfach Verschleudert werden!