(Investitions-)Geschenke nimmt man immer gerne an

Schriftenreihe der Uni Münster befasst sich mit Bohmter Containerhafenprojekt

Unter der Überschrift:

Container auf Binnenschiffe - fällt die Verkehrsverlagerung ins Wasser?

befasst sich die Ausgabe Nr. 10 der Schriftenreihe "Münster Practice and Policy" der Uni Münster mit der Frage, wie es gelingen kann, Containertransporte stärker auf Binnenschiffe zu verlagern.

Kurz zusammengefasst: So wie in Bohmte geplant, nicht.

Die Autoren zählen verschiedene Faktoren auf, die Containertransporte auf Binnenschiffen auf nordwestdeutsche Kanäle zurzeit behindern. In erster Linie gehören dazu niedrige Brückenhöhen und kleine Schiffe. Die Brücken lassen nur ein- bis zweilagige Containertransporte zu, was für die Schifffahrt wenig bis gar nicht rentabel ist. Brückenanhebungen sind im Bundesverkehrswegeplan nur als "weiterer Bedarf" eingstuft worden, also auch langfristig nicht zu erwarten.

Strecken, die nur einlagig befahren werden können, werden gar nicht befahren. Von Bohmte aus wäre das in Richtung Westen zu den Häfen Rotterdam, Amsterdam, Antwerpen.

In Richtung Osten (Hamburg, Bremerhaven) finden zurzeit zweilagige Containertransporte im geringen Umfang auf "Europaschiffen" statt, die allmählich durch größere "Großmotorgüterschiffe" (GMS) ersetzt werden.

GMS ragen aber höher aus dem Wasser, wodurch die Zweilagigkeit auch wieder fraglich wird. Auch Engstellen auf der Weser und das Schiffshebewerk Lüneburg sind für GMS Hindernisse auf dem Weg nach Bremerhaven oder Hamburg. Die Beseitigung von Engstellen erfolgt eher schleppend, der Ausbau des Schiffshebewerks ist im Bundesverkehrswegeplan zwar als "vordringlicher Bedarf" gewertet, konkrete Pläne gibt es jedoch noch nicht.

Die Autoren kommen zu dem Schluss: Bevor Häfen mit öffentlichen Mitteln gebaut werden, die aufgrund wachstumshemmender Faktoren für Containertransporte nicht erfolgreich sein könnten, sollte man doch erst einmal die hemmenden Faktoren beseitigen. Wird das nicht gemacht, erfolgt der zweite vor dem ersten Schritt und es wird Geld versenkt, das dann an wichtigen Stellen, z.B. bei Brückenanhebungen fehlt.

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Container auf Binnenschiffe - fällt die Verkehrsverlagerung ins Wasser?
Schriftenreihe der Uni Münster befasst sich mit dem Bohmter Containerhafenprojekt
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Kurze Anmerkung auf den Kommentar von "Binnenschiffer" (unten)

@ Binnenschiffer:

Die Uni Münster publiziert wissenschaftliche Forschungsarbeiten in einem allgemeinverständlichen Presseformat, um der Öffentlichkeit zu zeigen, was sie so macht. Insofern ist die oben dargestellte MPP-Publikation keine eigenständige Arbeit, sondern ein Hinweis auf eine eigenständige Arbeit.

Es mag tatsächlich mehr Schubverbände auf dem Elbe-Seitenkanal geben als auf anderen Strecken. Die Frage ist dann aber, warum ?

Der Grund dafür ist das Schiffshebewerk Scharnebek bei Lüneburg, das keine GMS durchlässt. Die Möglichkeit, dort Schubverbände aufzulösen und einzeln zu schleusen, ist allerdings nur die zweitbeste. Genau deshalb gibt es ja die Pläne, das Schiffshebewerk GMS-fähig auszubauen.

Oder anders formuliert: Wäre ein Schubverband-Transport tatsächlich eine gleichwertige Methode für den Schiffsverkehr wie der Transport per GMS, warum soll dann das Schiffshebewerk GMS-fähig ausgebaut werden?

Dann könnte man sich das Geld doch sparen, immerhin geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag.

Außerdem: Auch in der Schubschifffahrt gibt es einen Generationswechsel. Die Europa-Leichter mit einer Länge von 76 m und einem Ladevermögen von 2.850 Tonnen werden allmählich durch größere ersetzt, für die dann die gleichen Bedingungen gelten, wie für GMS.

Größere Schubverbände sind aber auch keine Lösung, denn der Elbe-Seitenkanal ist als Binnenwasserstraße der Klasse Vb klassifiziert. Das heißt, es sind Schubverbände bis 185 m Länge und 11,40 m Breite zugelassen. Das ist ein Schubschiff mit zwei Europa-Leichtern. Das ist zwar mehr als ein GMS, aber so richtig viel ist das auch nicht.

Noch ganz kurz ein paar Zahlen.

Im aktuellen Verkehrsbericht 2017 der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wurden für den Elbe-Seitenkanal am Schiffshebewerk Lüneburg 72 410 Container gezählt, davon 44 018 beladen, 28 392 leer. (Verkehrsbericht S. 79, leider ist nicht ganz klar, ob Container oder TEU gezählt wurden.)

Die HWL-GmbH hatte für Bohmte einen Umschlag von 72 000 Containern pro Jahr prognostiziert, also ebenso viel. Wie realistisch ist das denn?

 

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Kommentare: 7
  • #1

    Binnenschiffer (Montag, 14 Oktober 2019 16:12)

    Interessant finde ich, dass die Autoren die selben der Studie sind und ihre eigene Studie als Quelle anführen. Es liegen dementsprechend keine neuen Erkenntnisse vor. Auf dem Elbe-Seiten-Kanal sind vorrangig Schubverbände unterwegs, die in Scharnebeck vorübergehend geteilt werden. Diese fassen mehr Container als ein GMS.

  • #2

    Kapitän (Mittwoch, 16 Oktober 2019 12:08)

    Nur mal so zur Faktenlage. Ein GMS kann 4 Reihen a 13 TEU, also 52 TEU pro Lage laden. Ein Europaschiff Typ A (85 m Länge und 9,50 m Breite) 3 Reihen a 9 TEU, also 27 TEU, Typ B (11,40 m breit) 4 Reihen a 9 TEU = 36 TEU.
    Bei zwei Europa-Leichtern Typ B käme man auf 72 TEU, 20 mehr als beim GMS

  • #3

    Gerd (Samstag, 19 Oktober 2019 12:53)

    Ein Frage an den "Binnenschiffer". Wenn Schubverbände besser als GMS sind, warum gibt es überhaupt GMS? Und warum wurde der Mittellandkanal extra für GMS verbreitert? Und der Stichkanal Osnabrück ebenfalls?

  • #4

    Binnenschiffer (Dienstag, 22 Oktober 2019 08:47)

    Es geht, wie Sie schon sagen, um die Breite! GMS und moderne Schubverbände sind 11,4 m breit. Daher der Ausbau. Der Vorteil von Schubverbänden ist, dass diese "beliebig" zusammengestellt und entkoppelt werden können. Ein GMS hat auch seine Vorteile.

  • #5

    T. (Freitag, 25 Oktober 2019 13:15)

    https://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?92523-Containerhafen-in-Bohmte/page3

    Wenn ich die Diskussion richtig verstehe, ist ein 2-lagiger Verkehr Richtung Westen doch möglich?! Liegt an er Beladung der Schiffe...und scheinbar sind auch schon in den 90ern welche 2-lagig gefahren?!

  • #6

    Martin Becker (Freitag, 25 Oktober 2019 16:15)

    @ T.
    Sehr interessanter threat im Binnenschifferforum. Es scheint aber wohl eher eine theoretische Möglichkeit zu sein. Praktisch findet sie so gut wie nicht statt und wenn, dann sind es Leerfahrten, bei denen Container als "Beifang" mitgenommen werden.
    Laut WSV-Verkehrsberichte wurden in Münster (Dortmund-Ems-Kanal)
    2014: 479 TEU (davon 435 leer, 44 beladen),
    2015: 3.565 TEU (3.558 leer, 7 beladen),
    2016: 3.268 TEU (3.183 leer, 85 beladen),
    2017: 1.663 TEU (1.586 leer, 77 beladen) gezählt.
    Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass Containertransporte auf der Strecke wohl doch eher nicht so einfach sind. Im Binnenschifferforum scheint die Idee auch keinen vom Hocker zu reißen, der threat ist ein gutes Jahr alt und bricht dann seltsam ab, ohne die Frage zu beantworten, warum die Transporte der 1990er Jahre nicht weiter verfolgt wurden. Ich nehme an, dass sie sowieso nur mit Europaschiffen erfolgen konnten, GMS liegen höher im Wasser.
    Das WSA Rheine äußert sich zu der Situation klar und deutlich:
    "Im Hinblick auf den Stückgutverkehr, der forciert wird, stellt die Brückenhöhe eine entscheidende Bedeutung dar, weil für eine wirtschaftliche Stückgutbeförderung ein zweilagiger Schiffsverkehr notwendig ist. Wird die lichte Durchfahrtshöhe an einigen Brücken nicht erreicht, so ist nur ein einlagiger Verkehr möglich, der die Wirtschaftlichkeit gefährdet. Soll die Stückgutbeförderung mehr als einlagig erfolgen, ist in Zukunft eine Anhebung der Brückenhöhe auf mindestens 5,25 m erforderlich."
    (WSA Rheine: Güterstruktur der Ladungsmengen - Integrationsszenario 2015. Rheine. 2004)

    Auf der Südstrecke des Dortmund-Ems-Kanals sind bei Normalwasserstand 17 Brücken zu niedrig / bei Hochwasserstand 29, auf dem Wesel-Datteln-Kanal 8 / 24 Brücken. Insgesamt sind auf der Strecke Bohmte - Rotterdam 25 / 53 Brücken niedriger als 5,25 m.

  • #7

    G.J. (Freitag, 25 Oktober 2019 17:06)

    "Der durchschnittliche Güterverkehr dieses Kanalabschnitts liegt bei ca. 12 Mio. Gütertonnen im Jahr. Die DEK-Südstrecke ist noch nicht vollständig ausgebaut. Deshalb können hier moderne Großmotorgüterschiffe mit 110 m Länge und 11,45 m Breite vorläufig erst mit einer Abladetiefe von 2,50 m fahren und benötigen dafür eine Sondergenehmigung. Der Containerverkehr spielt eine eher untergeordnete Rolle."
    https://www.gdws.wsv.bund.de/DE/wasserstrassen/01_bundeswasserstrassen/05_westdeutsches_Kanalnetz/Dortmund_Ems_Kanal.html?nn=1214418