unredliche Stellungnahme

Professor irrt sich

Am 2. Oktober 2019 hatte eine nichtöffentliche Sitzung der Verwaltungsausschüsse der am Bohmter Hafenprojekt beteiligten Kommunen stattgefunden, zu der zwar Vertreter der HWL-GmbH sowie ein Herr Professor Bode der Hochschule Osnabrück eingeladen worden waren, wir allerdings nicht.

Einladung zur nichtöffentlichen VA-Sitzung mit ausgesuchten Gästen.
Einladung zur nichtöffentlichen VA-Sitzung mit ausgesuchten Gästen.

Inzwischen ist die "Stellungnahme" von Prof. Bode öffentlich zugänglich.

Wir haben sie mit großem Interesse gelesen und sehr genau analysiert. Unsere Analyse kommt zu dem Schluss, dass es sich um eine Lobbyismus-Aktion handelt, die Fakten verdreht, suggestiv und unwissenschaftlich argumentiert, manipulativ und abwegig ist. 

Das sind harte Vorwürfe.

Die wir belegen können. Alle Interessierten können und sollten sich sehr gerne ein eigenes Bild der Auseinandersetzung machen. Wir scheuen keine Diskussion.



Erste Reaktionen

Am 20.11.2019 um 23:31 schrieb Bernward Abing:

 

Sehr geehrter Herr Becker,

als der Kanal gebaut wurde, fuhr dort noch kein Schiff und trotzdem gab es Menschen, die sich vorstellen konnten, dass dort eines Tages Schiffe fahren würden – und sie haben Recht bekommen!! Ich habe im Kreistag die Diskussion um den Niedersachsenpark mitgemacht. Auch dort gab es Menschen, die sich nicht vorstellen konnten, dass es Nachfrage für eine solches interkommunales Projekt gibt. Heute zweifelt niemand mehr!!

Auch der Hafen Bohmte ist ein solches Projekt für die weite Zukunft – auch weil Klimafreundlich – aber besonders weil die Straßen entlastet werden.

Aller Anfang ist schwer, die Rechnung wird auch nicht heute und auch nicht morgen aufgehen. Das ist auch gar nicht das Ziel!

Und es stimmt – es sind heute viel zu wenig Container, die auf dem Wasser transportiert werden – aber es sind viel zu viele, die auf der Straße transportiert werden.

Wenn man dies ändern will –muss Vieles geschehen: Zum Beispiel: Brücken erneuert, Drehkreuze entwickelt, Häfen gebaut und vieles mehr!

Im Gegensatz zum Ausbau des Güterverkehrs mit der Bahn, kann man beim Ausbau übers Wasser mit viel weniger Geld viel mehr Wirkung erzielen.

Und wir müssen anfangen!

Man kann darüber streiten, in welcher Reihenfolge etwas da sein muss – erst das Huhn oder das Ei?

Die Zeit läuft – Egal ob wir dem Verkehrskollaps vorbeugen wollen, oder den Klimawandel abbremsen, vielleicht auch unseren Firmen Möglichkeiten eröffnen wollen.

Der Wandel ist in vollem Gange – auch wenn die CO 2 Bepreisung moderat beginnt – die Vorschläge zeigen in welche Richtung es geht.

Die Zeiträume für die wir planen sind lang. Wenn Sie ehrlich sind – Hätte Sie die Planung eines solchen Hafens an einem anderen Ort gestört?

Es muss Menschen geben, die sich vorstellen können, dass es funktioniert!

 

Freundliche Grüße

Bernward Abing

 

 

Am 21. November 2019  um 16:29 schrieb info@containerhafen-bohmte.de:

 

Sehr geehrter Herr Abing,

 

vielen Dank für Ihre ausführliche Nachricht, im Prinzip kann ich Ihnen in weiten Teilen zustimmen. Unsere Transportsysteme sind überlastet, weil der Schwerpunkt zu einseitig auf den Straßenverkehr gelegt wurde und immer noch wird. Der gerät aus verschiedenen Gründen an sein Limit, daher wird ein Umdenken unumgänglich sein. Dazu gehören verschiedene Möglichkeiten, u.a. auch die Stärkung des Binnenschiffsverkehrs.

Allerdings sollte dies halbwegs planvoll erfolgen, also so, dass alle Beteiligten so agieren, dass es einen Sinn ergibt. Am Besten durch einen breiten gesellschaftlichen Konsens abgesichert. Weil es um internationale Transporte geht, sollte dieser Konsens möglichst ebenfalls international, zumindest EU-weit sein. Zur Not wäre aber auch ein nationaler Alleingang als Vorreiter denkbar. Wenn aber ein Bundesland, ein Landkreis oder gar einzelne Kommunen vorpreschen würden, wäre das zwar ehrenvoll, aber ziemlich sinnlos. Einen solchen Umbau der Transportsysteme auf die Beine zu stellen, ist eine komplexe Aufgabe, die leider nach ebenso komplexen Lösungen verlangt.

Ich kann aber leider nicht erkennen, dass sich unsere Bundes- oder die Landesregierung(-en) damit besonders intensiv beschäftigen. Nach wie vor werden große Mittel für den Straßenbau zur Verfügung gestellt, wenig für die Bahn, noch viel weniger für die Binnenschifffahrt. Im Landkreis spricht sich gerade Ihre Partei, die CDU, für den Neubau der A33-Nord aus, inzwischen ist zusätzlich (!) auch der 6‑streifige Ausbau der A30 im Gespräch. Mit dem bereits erfolgten autobahnähnlichen Ausbau der B51 und dem geplanten der B65 in Bad Essen ist auch keine Abkehr von der Bevorzugung der Straße gegenüber anderen Transportsystemen erkennbar. Mit dem Geld hätte man wirklich viel für die Binnenschifffahrt tun können. Hat man aber nicht.

Mit dem Bau eines neuen Hafens würde man damit am falschen Ende beginnen. Denn an Häfen mangelt es nun wirklich nicht. Zwischen Recke und Hille am Mittellandkanal befindet sich alle 6,3 km ein aktiver Hafen, hinzu kommen mehrere stillgelegte.

Das Nadelöhr ist nicht der Mangel an Häfen, Knackpunkt sind die einlagigen Transporte in / aus Richtung Westen. Solange dieser Punkt besteht, sind dort weder wirtschaftlich noch energetisch sinnvolle Containertransporte möglich. Das heißt, wenn dort ein Binnenschiff fahren würde, würde es mehr CO2 ausstoßen als LKW-Transporte für die Strecke verursachen würden. Es wäre ein Minusgeschäft für alle Beteiligten, auch für die Umwelt.

Wollte man also wirklich etwas für die Binnenschifffahrt tun, muss man folglich genau da anfangen: Bei den Brückenhöhen! Wird aber nicht gemacht. Stattdessen präsentiert die HWL-GmbH eine unhaltbare Stellungnahme eines Logistikgewerbenahen Professors, die widersprüchlich, unsachlich, oberflächlich, einseitig und manipulativ ist.

Das ist äußerst irritierend und riecht ein wenig nach Gebrauchtwagenhändler, der einem die letzte Schrottkarre anschwatzen will.

Und es wird noch seltsamer: Das „Kompetenznetzwerk Individuallogistik e.V.“, das u.a. die Interessen der LKW-Speditionen vertritt, engagiert sich ebenfalls sehr stark für den Bau des geplanten Containerhafens in Bohmte und hat dafür extra eine Werbefahrt zum Twente-Kanal nach Holland für alle betroffenen Ratsmitglieder organisiert. (Die Fahrt ist von uns ebenfalls als stark manipulativ kritisiert worden.)

Warum aber engagiert sich ausgerechnet die LKW-Speditionslobby für einen Binnenhafen?

Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier im Windschatten der Klima- und Umweltdiskussion ein Projekt durchgezogen werden soll, das mit Umwelt und Klima herzlich wenig zu tun hat. Eher im Gegenteil. Denn wem würde ein Containerhafen nützen, wo keine Container umgeschlagen werden?

Wenn ich LKW-Lobbyist wäre und von überall zu hören bekomme, dass es viel zu viele LKWs auf den Straßen gebe, dass das Transportwesen umgebaut werden und Bahn und Binnenschiff jetzt stärker gefördert werden sollen. Dann könnte ich mich diesem gesellschaftlichen Konsens wohl kaum widersetzen, ohne massiven Ärger zu befürchten. Ich könnte aber versuchen, ihn in meinem Sinne zu begleiten. Also würde ich alles daran setzen, dass diejenigen Projekte gefördert werden, die für mich nicht bedrohlich sind und relativ wirkungslos bleiben. Und mich als Klimaretter präsentieren, obwohl ich genau das Gegenteil mache.

Das heißt: Die Mittel, die in einen unbrauchbaren Containerhafen fließen, können der LKW-Branche schon mal nicht mehr gefährlich werden. Gleichzeitig kann niemand die LKW-Branche beschuldigen, sich dem Umbau des Transportgewerbes quergestellt zu haben.

Ihre Frage nach meiner persönlichen Betroffenheit möchte ich sehr gerne beantworten: Würde ein Containerhafen in Bohmte gebaut, hätten die Anlieger anfangs zwar den Baulärm um die Ohren, danach aber ein ruhiges Leben. Denn solange die Brückenhöhen nicht geändert werden, ist mit einem nur sehr geringen Warenumschlag zu rechnen. Andere Produkte als Container dürfen aufgrund der öffentlichen Förderung dort nicht umgeschlagen werden, immerhin wird ja ein „Containerhafen“ gefördert, kein Massenguthafen. Das gilt für die nächsten 20 Jahre. Unsere Betroffenheit ist anderer Natur: Wir möchten nicht betrogen werden. Wir möchten den Umbau der Verkehrssysteme nicht behindern, wir möchten ihn befördern. Wir möchten nicht manipuliert werden. Wir wollen nicht, dass Lobbyisten mit fadenscheinigen Behauptungen bestimmen, was mit unserem Geld gemacht wird.

 

Zum Niedersachsenpark: Ich habe gehört, dass der nicht ganz so toll laufen soll. Viele freie Flächen und Abwanderungswünsche wegen Personalprobleme. Wenn der Niedersachsenpark wirklich so toll wäre, warum hat sich die Fa. Häcker-Küchen dann ausgerechnet nur wenige Kilometer weiter südlich in Ostercappeln-Venne angesiedelt?

Eine Frage noch: Darf ich unseren Briefwechsel auf unserer Internetseite www.containerhafen-bohmte.de veröffentlichen?

 

Schöne Grüße

 

Martin Becker

 

 

Am 21. November 2019 um 20:06 schrieb Bernward Abing:

 

Sehr geehrter Herr Becker,

 

Gerne dürfen Sie unseren Meinungsaustausch veröffentlichen.

3 Anmerkungen:

  1. Thema: Straßenbau – es stimmt, es werden große Summen in den Straßenbau gesteckt. Die Planungen der Straßen, die heute ausgebaut werden, hatten einen sehr langen Vorlauf. Da auch bei einer radikalen Verkehrswende Antriebsarten geändert werden, und andere Entwicklungen eher erwarten lassen, das der Individualverkehr nicht automatisch abnimmt, ist die Durchführung von vor Jahrzehnten geplanten Straßenbaumaßnahmen auch richtig.
  2.  Gleichzeitig ist es heute richtig, deutlich mehr Geld in die Binnenschifffahrt zu stecken. Da auch die Realisierung des geplanten Containerhafens noch nicht abzusehen ist, ist es wichtig, dass hiermit bereits begonnen wurde, bevor die letzte Brücke gebaut ist. Gut ist, wer weit vorausschauend plant.
  3. Ihre Sicht zur von Ihnen so genannten LKW – Lobby teile ich nicht – dass ist doch ziemlich weit her geholt und mehrmals um die Ecke gedacht!!

Freundliche Grüße

Bernward Abing

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Kommentare: 7
  • #1

    W.B. (Mittwoch, 20 November 2019 16:29)

    Saubere Arbeit. Wenn das wirklich stimmt, was ihr rausgefunden habt kann sich der Professor beerdigen. Und der Containerhafen auch!!

  • #2

    anonym (Donnerstag, 21 November 2019 16:34)

    Der Hafen bring Arbeitsplätze und hilft der Wirtschaft in der Region. Wenn wir den Hafen nicht bauen, machen das andere. Zum Beispiel Minden. Ohne einen eigenen Hafen werden dann unsere Unternehmen abgehängt sein. Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorberen ausruhen.

  • #3

    the case has altered (Freitag, 22 November 2019 10:48)

    Wenn ich mich richtig erinnere, waren Umwelt oder Klimaschutzgünde anfangs nicht vorgetragen um den Containerhafen zu begründen. Damals ging es darum wie toll der Hafen für die Wirtschaft ist.
    Inzwischen gibt es Greta Tunberg und fridays for future. Und schwubs ist der Containerhafen ein "Paradebeispiel für Umweltschutz".
    Man nennt das wohl sein Mäntelchen nach dem Wind drehen.

  • #4

    anonymer (Freitag, 22 November 2019 15:35)

    Die frage ist doch ob der hafen sinnvoll ist oder nicht. wenn er sinnvoll ist warum dann diese mogelei? warum stellt der herr professor unhaltbare berechnungen auf? warum dieses herumgeeier?

  • #5

    Bauer M (Samstag, 23 November 2019 11:23)

    Wenn Politik soo weise und vorausschauend plant, warum haben dann insbesondere die Wittlager Gemeinden Rekordschulden angehäuft ? Mit Staatsbetrieben hat man in den fünf neuen Bundesländern 40 Jahre ERFOLGLOS experimentiert. Will man die Wirtschaft unterstützen, empfehle ich Steuersenkungen. Braucht der werktätige Teil der Bevölkerung nicht das Geld für Flop-Projekte ( z.B. Containerhafen Heilbronn, diverse Regionalflughäfen ) erarbeiten, kann er es anders ausgeben.

    Will man das Klima schützen, schlage ich vor, den Flächenverbrauch ( derzeit 70hapro Tag - das sind 25550 ha pro Jahr - JEDES JAHR ) stark zu reduzieren. In der Grundschule habe ich gelernt, daß Pflanzen CO2 aufnehmen und Sauerstoffe abgeben, Beton und Pflastersteine hingegen nicht. Allerdings ist meine Schulzeit lange her, vielleicht gibt es schon neuere Erkenntnisse. Weiterhin wird die Grundwasserneubildung durch Versickerung der Niederschläge durch die zunehmende Versiegelung vermindert.

  • #6

    G. H. (Sonntag, 24 November 2019 14:26)

    Die "Stellungnahme" von dem Professor ist das Papier nicht wert. Da erwarte ich deutlich bessere Argumente, wenn Millonen öffentliche Gelder ausgegeben werden sollen. Wenn sich die HWL darauf beruft sollte sie besser aufhören.
    Den Lobbyismusvorwurf finde ich nicht ganz so abwegig wie Herr Albig. Erscheint mir ziemlich logisch.

  • #7

    G.H. (Sonntag, 24 November 2019 14:41)

    Was ich noch vergessen habe. Wenn ich die Stellungnahme in Schulnoten übersetze sind die Container-Transportmöglichkeiten in Bohmte in die eine Richtung "ausreichend" und in die andere Seite "mangelhaft". Also insgesamt eine Vier-Minus.

    Na toll!