"RegioPort Bohmte"

seltsame Pressemitteilung

Vor einigen Tagen konnten die Bürger von Bohmte, Bad Essen und Ostercappeln die Pressemitteilung einer Frau Julia Müller aus Osnabrück lesen, die über die Unterzeichnung eines Pachtvertrages zwischen der Hafen-Wittlager-Land GmbH (HWL) und den Agrargenossenschaften LBD (Landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaft Damme) und die RWO (Raiffeisen Warengenossenschaft Osnabrücker Land) berichtet.

Leider ist nicht gekennzeichnet, in wessen Auftrag Frau Müller arbeitet, wer also Absender/ Herausgeber dieser Mitteilung ist. Aus dem Inhalt lässt sich aber entnehmen, dass es entweder die Gemeinde Bohmte oder die HWL-GmbH gewesen ist. Aus journalistischer Sicht ist das Fehlen des Auftraggebers eines Textes ein deutlicher Mangel.

In dem Text wird berichtet, dass die beiden Genossenschaften den von der HWL-GmbH geplanten Hafen in Bohmte-Leckermühle gemeinsam betreiben werden. Der Hafen sei eine „ökologische und nachhaltige Option für ihren Waren- und Gütertransport auf dem Wasserweg und die Chance auf Herausforderungen wie Klimaneutralität, die zunehmende Verteuerung des Straßenverkehrs und Flexibilisierung von Warentransporten …“. Der neue Hafen soll „RegioPort Bohmte“ heißen.

Aus dieser Mitteilung ergeben sich einige  Fragen:

  • Wurde / wird der Agrarhafen Zerhusen von der Öffentlichen Hand aufgekauft, stillgelegt, abgerissen und wieder aufgebaut, nur um den Standort der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen, die dort das gleiche Geschäft machen will wie Zerhusen?
  • Warum richtet die die Öffentliche Hand mit viel Aufwand und hohen Kosten in Leckermühle einen Hafenstandort ein und stellt sie der RWO zur Verfügung, obwohl die RWO in nur 4 km Entfernung (Wehrendorf) über einen voll ausgerüsteten und etablierten Hafen verfügt?
  • Warum weigert sich die LBD, unsere Fragen zu beantworten und verweist auf die HWL-GmbH?
  • Warum berichtet die RWO auf Nachfrage, sie habe noch keine Pläne für den Hafen, der dort geplante Umschlag würde wohl eher gering ausfallen?
  • Warum berichten nicht die beiden Genossenschaften über das geplante Arrangement, sondern die HWL-GmbH bzw. die Gemeinde Bohmte?
  • Wer hat sich diesen drolligen Namen ausgedacht?

Dafür, dass die beiden Genossenschaften ein 20-Mio-€-Projekt frei Haus zur Verfügung gestellt bekommen, fällt deren Enthusiasmus ziemlich dünn aus. Es scheint, dass die Initiative für dieses Projekt nicht bei den beiden Genossenschaften liegt. Es verwundert auch, dass das Projekt nicht mit den besonderen Anforderungen des Agrarhandels begründet wird, sondern lediglich allgemein mit „Klimaneutralität“, „Verteuerung des Straßenverkehrs“ und „Flexibilisierung von Warentransporten“. Wobei die Argumente Klimaneutralität und Flexibilisierung nachweislich falsch sind. Denn nach Untersuchungen des Bundesumweltamtes ist die Binnenschifffahrt  ziemlich weit entfernt davon, klimaneutral zu sein, sie ist nicht einmal das Transportsystem mit den geringsten Klimaauswirkungen, das ist die Bahn. Und weil die Stärke der Binnenschifffahrt im Massentransport liegt und sie an Wasserstraßen gebunden ist, ist sie auch eher das Gegenteil von flexibel. Und wenn die Transportkosten auf der Straße steigen, weil die allgemeinen Energiekosten steigen, warum sollte ausgerechnet die Binnenschifffahrt davon nicht betroffen sein?

Unser Fazit: Mit der Verkündung des Betreiber-Arrangements scheinen die Hafenprojekt-Verantwortlichen dem Vorwurf ausweichen zu wollen, dass der Bohmter Hafen entweder ein sinnloses Projekt ist oder der Verlagerung des Osnabrücker Hafens dient. Dazu wurden die beiden Genossenschaften instrumentalisiert, die notgedrungen gute Miene zum bösen Spiel machen, aber doch nur sehr geringes Interesse zeigen.

Im Fall der RWO und ihrem nur 4 km entfernten Hafen in Wehrendorf ist aber selbst dieses Ablenkungsmanöver problematisch. Und es bleibt der ärgerliche Nachgeschmack, dass die HWL-GmbH wieder einmal nicht ehrlich zu der Öffentlichkeit ist und uns mit Greenwashing ohne Absender einlullen möchte.

 

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Pressemitteilung
Pressemitteilung von Frau Julia Müller zur Unterzeichnung eines Pachtvertrages zwischen der HWL-GmbH und zwei Agrargenossenschaften
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Nachtrag 12.3.2022

 

 @ egal:

  • Pressemitteilungen sind Mitteilungen an die Presse, damit diese sie verbreitet. Damit die Leser Absicht und Wahrheitsgehalt beurteilen können, ist es wichtig zu wissen, von wem sie kommen. Wenn der Absender anonym bleibt oder Unbekannte vorschickt, ist das nicht möglich.
  • Auch private Hafenbetreiber müssen ihren Hafen diskriminierungsfrei auf dem Markt anbieten, wenn sie öffentliche Fördermittel in Anspruch nehmen. Sowohl Zerhusen als auch die HWL-GmbH hatten sich um diese Mittel beworben. Einen diskriminierungsfreien Hafen hätte die Öffentlichkeit also so oder so bekommen. Das, was Du als großen Vorteil herausstellst, ist in Wahrheit keiner.

  •  Die HWL-Planung sieht laut der von Dir angegebenen Internetadresse „Futtermittellager“, „Containerfläche“ und „Schüttgutlager“ vor. Agrarprodukte waren Hauptumschlaggut der Fa. Zerhusen, Container wollten sie zwar ebenfalls umschlagen, durften aber nicht, weil die Gemeinde Bohmte das untersagte, weil sie ihren Containerhafen schützen wollte. Bleiben nur noch Schüttgüter übrig. Wir können aber relativ sicher davon ausgehen, dass die bei Bedarf auch von Zerhusen umgeschlagen wurden.
    Es bleibt uns daher anscheinend nur, zusammen mit Marianne Rosenberg zu rätseln: „Was hat sie, was ich nicht habe?“
  • Laut Beteiligungsbericht 2021 der Gemeinde Bohmte hat die HWL-GmbH zum 31.12.2019 Kosten in Höhe von 15.764.949,53 € verursacht. Darin sind weder die Abriss- und Neubaukosten auf dem Hafenglände, Kosten für den Kauf und Abriss von Nachbargebäuden noch die Kosten der neuen hauptamtlichen Geschäftsführerin enthalten. Hinzu kommt die Förderung der N-Bank in Höhe 5,378 Mio. €, die ja ebenfalls von der Öffentlichkeit bezahlt werden muss. Rechnet man das zusammen, kommt man mit 20 Mio. € nicht hin!
  • Leider weigert sich die HWL-GmbH hartnäckig, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen, aus der hervorgeht, welche Pachtsummen nötig sind, um die Kosten für den Hafen zu amortisieren. Aber rechne doch bitte mal selber durch, wie hoch eine Pacht sein muss, um – sagen wir jetzt mal – 15 Mio. € in einer überschaubaren Zeit abzubezahlen. Wobei der / die Pächter ja noch seine / ihre eigene Infrastruktur (Gebäude, Maschinen, Anlagen) dort aufbauen und finanzieren muss / müssen. Sie pachten ja nur eine Fläche mit Straßenanbindung und Kaimauer.
  • Dein Zutrauen in einen freundlichen Markt ohne fremde Einflussnahmen ist löblich. Aber nicht gerade realistisch, wie schon das Beispiel Zerhusen sehr schön zeigt. Dort haben Kommune und Landkreis ihre Muskeln spielen lassen und die Firma Zerhusen aus dem Geschäft gedrängt. Ein guter Draht zur Obrigkeit scheint also nicht ganz unwichtig zu sein, wenn man wirtschaftlich überleben will.
  • Landkreis und Kommunen investieren also erhebliche Summen in ihr Hafenprojekt und überlassen die Namensgebung einer Teilpächterin?

Dein Kommentar folgt sehr eng der HWL-Argumentation. Aber die Hauptfragen unseres Artikels lässt Du unbeantwortet. Genau wie es die HWL-GmbH immer tut.

Wie ist es denn nun mit der Umweltverträglichkeit des Hafens bestellt? Wozu braucht die RWO zwei Häfen im Abstand von 4 km? Worin liegt der Sinn des ganzen Projekts?

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Kommentare: 3
  • #1

    egal (Freitag, 11 März 2022 07:11)

    - bei Pressemitteilungen muss kein "Auftraggeber" genannt werden
    - der Unterschied zu einem Privathafen (wie er es vorher war) ist, dass der neue Hafen diskriminierungsfrei sein muss. Sprich zukünftig kann JEDE*R im Hafen auf der Uferladestraße Waren umschlagen (lassen)
    - darüber hinaus werden zukünftig auch andere/weitere Güter als damals umgeschlagen
    https://www.hafen-bohmte.de/massenguthafen/konzept
    - das Projekt kostet keine 20 Millionen, sondern liegt bei ca. 15 Millionen (inkl. Kauf des Hafens und Verlegung der Hafenstraße) Auch pachtet die LB Damme/RWO nicht die gesamte Fläche!
    https://www.hafen-bohmte.de/massenguthafen/foerderung
    - Die Unternehmen bekommen die Flächen nicht frei Haus, sondern müssen hierfür eine marktübliche Pacht bezahlen, worüber sich die Investitionen der HWL über die Jahre amortisieren.
    - das sich die Unternehmen am Standort ansiedeln ist deren unternehmerische Entscheidung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die HWL hierauf Einfluss nehmen kann oder gar Unternehmen instrumentalisieren kann.
    - der Name "RegioPort" scheint aus der Feder der LB Damme zu stammen, die auf Ihrer Website hierüber berichten
    https://www.lb-damme.de/unternehmen/news/gemeinsames-logistikprojekt-regioport-bohmte/
    - Anfragen Dritter zu Ansiedlungs- oder Geschäftsfragen nicht zu kommentieren ist der Normalfall

  • #2

    kkk (Freitag, 18 März 2022 09:55)

    soso, die genossenschaften pachten nicht die gesamte Fläche.
    Das kann ja nur insiderwissen sein!
    mir scheint, das sich hinter EGAL die HWL versteckt und versucht die Wahrheit zu verdrehen.
    Ganz ganz schlechte Öffentlichkeitsarbeit!

  • #3

    Bibi (Samstag, 19 März 2022 13:38)

    Ich habe es auch so verstanden, dass es nur eine Teilfläche ist. Steht zumindest so im Artikel.
    https://www.lb-damme.de/unternehmen/news/gemeinsames-logistikprojekt-regioport-bohmte/