Masterplan Hafen Osnabrück

Die Stadt Osnabrück lotet Zukunft ihres Hafens aus

22 Straßenkilometer vom Bohmter Hafenprojekt entfernt liegt der Osnabrücker Hafen, der u.a. aufgrund der Schleusenproblematik immer stärker unter Druck gerät, weil er nur noch von kleinen Schiffen angelaufen werden kann, die aber allmählich ausgemustert werden.

Bislang geschah wenig, um den Osnabrücker Hafen aus seiner Problematik zu befreien. Im Gegenteil, die Stadt Osnabrück hat Teile des Hafens umgenutzt und will dort ein "Kreativzentrum" entwickeln.

Letzen Donnerstag aber wurde in Osnabrück ein "Masterplan Hafen Osnabrück" vorgestellt, der sich mit der Frage befasst, wie der Osnabrücker Hafen als Industriestandort erhalten und gestärkt werden kann.

Der "Masterplan" konstatiert Vor- und Nachteile des Stadthafens, kommt aber im Gegensatz zur "Machbarkeitsstudie" der Stadtwerke Osnabrück AG, die dem Stadthafen keine Chance mehr einräumte, zu dem Schluss, dass es durchaus Optimierungsmöglichkeiten gebe, die den Erhalt des Hafens bewirken könnten.

Die Studie sieht folgende Nachteile:

  1. Eingeschränkte Erreichbarkeit des Hafens durch die beschränkten Schleusenabmessungen, die selbst für einige Europaschiffe, für Großmotorgüterschiffe (GMS) aber insgesamt ungeeignet sind,
  2. zu geringe Abladetiefe im Hafen, wodurch die Ladekapazitäten der Schiffe nur zu ca. 80% genutzt werden können,
  3. relativ geringe Flächenverfügbarkeiten für Erweiterungen und Neuansiedlungen.

Dem würden als Vorteile gegenüber stehen:

  1. gut ausgebaute Trimodalität auf dem Hafengelände,
  2. keine bzw. geringe Auflagen (Lärm),
  3. Stadtnähe,
  4. etablierter, relativ konfliktarmer Standort.

Die Autoren empfehlen,

  1. Schiffer und Reeder über Förderprogramme der Bundesregierung für die Binnenschifffahrt zu informieren,
  2. Schiffer / Reedereien und mögliche Kunden besser zu vernetzen und kleinere Transporteinheiten, die bislang per Zug oder LKW transportiert werden, als Sammelladungen für Schiffstransporte zusammenzufassen,
  3. langfristige Verträge zwischen Schiffern / Reedereien und Unternehmen zu schließen, um kleineren Schiffen Zukunftsperspektiven zu geben,
  4. die gesamte Umschlagsmenge im Hafen auf mind. 600.000 to / Jahr erhöhen, um beim Bundesverkehrsministerium in die Kategorie „C“ zu gelangen und damit im nächsten Bundesverkehrswegeplan (BVWP) eine neue Einschätzung über den Schleusenneubau zu erreichen,
  5. ein neues "Bedienkonzept" für Hafen und / oder Stichkanal mit Schubverbänden und Leichtern zu prüfen, evt. mit elektrisch angetriebenen und / oder autonom fahrenden Schiffen,
  6. die Hafensohle auf 2,80 m Tiefe auszubaggern,
  7. Erweiterungsflächen in Hafennähe zu suchen,
  8. durch "Flächenverdichtungen" Möglichkeiten für Erweiterungen von ansässigen Firmen zu schaffen,
  9. Hafenumschlag auf Firmengelände für Dritte zu öffnen, oder
  10. ein neues, öffentlich zugängliches Terminal zu bauen.

Wir begrüßen es sehr, dass Überlegungen angestellt werden, den Osnabrücker Hafenstandort zu erhalten, befürchten wir doch, dass der Hafen auf Dauer aufgegeben und nach Bohmte verlagert werden soll.

Allerdings, so ganz überzeugend erscheint uns der "Masterplan" nicht zu sein:

Die Handlungsempfehlungen erscheinen teilweise ein wenig hilflos. Schiffer und Reeder auf Fördermöglichkeiten hinzuweisen, ist banal. Wer das nicht beachtet, ist sowieso nicht auf der Höhe der Zeit.

Allzu weit in der Zeit vorgeprescht ist hingegen das "Bedienkonzept" mit autonom fahrenden und / oder elektrisch angetriebenen Schiffen. Elektro- oder Wasserstoffantriebe wird es in der Binnenschifffahrt in naher bis mittlerer Zukunft ganz sicherlich NICHT gegeben, die Aussage ist irreführend. Die Nutzungsdauer eines Binnenschiffs beträgt ein Vielfaches gegenüber anderen Transportmitteln, im Schnitt 45,6 Jahre (Tankschiffe: 23,7 Jahre, Trockengüterschiffe 63,1 Jahre). Eine Erneuerung der Fahrzeugflotte mit möglichen alternativen Antrieben wird bei jedem anderen Transportträger schneller erfolgen als in der Binnenschifffahrt!

Auch ist die Idee, die Hafensohle auszubaggern, nicht neu, scheiterte aber daran, dass die Statik der Spundwände dadurch angegriffen wird. Eine komplette Erneuerung der Spundwände ist aber sehr aufwändig und macht eine Ausbaggerung tatsächlich erheblich zu teuer.

(Leider erwähnen die Autoren lediglich, dass eine Ausbaggerung bislang an hohen Kosten gescheitert sei. Worauf diese Kosten zurückzuführen sind, wird aber nicht dargestellt, stattdessen wird auf eine mögliche öffentliche Förderung verwiesen, die in der Vergangenheit jedoch nicht erfolgte und die wir auch in Zukunft als äußerst unwahrscheinlich einschätzen.)

Der Vorschlag, kleinere Schiffe vertraglich langfristig an den Hafen zu binden, klingt zwar gut, widerspricht aber dem Skalierungseffekt, nach dem größere Schiffe kostengünstiger und schadstoffärmer pro gefahrene Transporteinheit sind. Es würde einen dauerhafen Kosten- und Umweltnachteil des Hafens gegenüber GMS-fähigen Häfen verfestigen.

Erweiterungsflächen in Hafennähe stehen schlicht und ergreifend nicht bzw. nur sehr, sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Autoren selbst konnten lediglich 6,1 ha auf drei unterschiedlichen Flächen identifizieren, die teilweise zudem noch Restriktionen unterliegen.

In dem Zusammenhang wird das Thema "Flächenverdichtungen" zwar einmal kurz erwähnt, aber nicht weiter verfolgt, dabei wäre es tatsächlich ein sehr geeignetes Instrument, um dem Flächenfraß (nicht nur) im Hafen zu begegnen.

Sehr interessant ist auch der Vorschlag, Transporte und Hafenkapazitäten zu bündeln. Einerseits durch Sammelladungen, andererseits durch die Öffnung von privater Hafeninfra- bzw. -suprastruktur für Dritte.

Ein bisschen verwundert es, dass dieser Vorschlag überhaupt vorgetragen wird, gehen wir doch davon aus, dass Hafenanlagen sowieso "diskriminierungsfrei", also auch für Dritte zur Verfügung stehen, wenn sie öffentlich gefördert wurden.

Aber die Idee, quasi eine offene "Börse" für Transportleistungen einzurichten, die der Hafen übernehmen und organisieren kann, halten wir für eine sehr, sehr gute Idee und wundern uns, dass die Speditionsbranche so etwas noch nicht anbietet!

Insgesamt sind wir unsicher, wie wir den "Masterplan" bewerten sollen. Einerseits ist es gut, dass sich die Stadt Osnabrück Gedanken über den Erhalt ihres Hafens macht. Andererseits erscheinen die vorgebrachten Handlungsempfehlungen nicht wirklich wirksam und seltsam ungelenk, fast an den Haaren herbeigezogen. Ob damit der Hafenumschlag tatsächlich so weit gesteigert werden kann, dass sich der Ausbau der Schleusen lohnt, halten wir für wenig wahrscheinlich. Zudem im "Masterplan" selbst ein allgemeiner Wandel der Wirtschaftsstruktur aufgezeigt wird, der sich von Produktion und Verarbeitung ab- und Handel und Dienstleistungen zuwendet. Und damit auch den Bedarf an industriell / gewerblichen Hafennutzungen verringert: „Trotz der insgesamt positiven Beschäftigtenentwicklung in der Stadt sind viele der binnenschifffahrtsaffinen Branchen in Osnabrück rückläufig.

Wir haben auch sehr den Eindruck, dass der "Masterplan" die Hafenproblematik zwar anpacken, die dort ansässigen Gewerbebetriebe aber schonen möchte. So wird der Vorschlag von "Flächenverdichtung", also der Appell an die bestehenden Betriebe, ihren Anteil an der Lösung der Problematik zu übernehmen und ihre Flächen effektiver zu nutzen, zwar kurz angesprochen, dann aber nicht weiter verfolgt. Stattdessen sollen nun auch noch die letzten verbliebenen Restfreiflächen im Hafen zusammengesucht werden.

Wir wundern uns auch über die Einschätzung, dass das Hafengelände ein konfliktarmer Standort sei. Bezogen auf Bürgerproteste mag das sein, bezogen auf Ansprüche der Stadt Osnabrück jedoch nicht. Denn die hat durchaus ganz eigene Pläne für den Hafen, wie Stadtbaurat Frank Otte bei der Vorstellung des Planes am Donnerstag deutlich machte: Seiner Ansicht nach hätte bei der Untersuchung die Frage erörtert werden müssen,

welche anderen Möglichkeiten man hätte, um den Hafen zu nutzen.

An diesen "anderen Möglichkeiten" arbeitet die Stadt Osnabrück schon seit über 10 Jahren. Im Rahmen eines "Stadtentwicklungskonzepts" bildet das

Studienprojekt „Kreativquartier Hafen“ und dessen Umsetzung seit einigen Jahren einen Schwerpunkt.

Folgt man den Plänen der Stadtentwickler, soll der Osnabrücker Hafen in Zukunft kein gewerblicher Hafen mehr sein, sondern ähnlich wie in Münster oder Duisburg, ein neues, hippes, cooles und angesagtes Stadtviertel.

Stadtentwicklungspläne und der "Masterplan Hafen Osnabrück" passen also nicht wirklich zusammen. Wir befürchten daher, dass dieser "Masterplan" Teil einer Hinhaltetaktik ist, um diejenigen zu beruhigen, die eine Schließung und / oder Verlagerung des Hafens befürchten.

Das sind wir, das sind aber auch Teile der Osnabrücker CDU, die für den Bestand der dort ansässigen Betriebe kämpfen. Insbesondere die beiden CDU-Politiker Burkhard Jasper und Clemens Lammerskitten hatten 2016 einen Beschluss des Niedersächsischen Landtags erreicht, in dem der Erhalt des Stadthafens gefordert wird. Der "Masterplan" könnte eine eher politisch als sachlich motivierte Reaktion darauf sein, um zu zeigen, dass die Stadt sich Mühe gibt, und der Versuch, Druck aus dem Thema zu nehmen.

 

Und noch etwas:

Prof. Bode hatte für die HWL-GmbH dargestellt, dass in Bohmte 2/3 der geplanten Verkehre in Richtung Osten erfolgen würden, die Aussage aber nicht belegt. Damit befand er sich im Widerspruch zum niedersächsischen Hafenkonzept 2007. Der aktuell vorgestellte "Masterplan Hafen Osnabrück" bestätigt nochmals aktuell, dass die Hauptverkehre des Osnabrücker Hafens ganz erheblich in Richtung Westen stattfinden.

Ebenfalls bestätigt der "Masterplan Hafen Osnabrück", dass "der Hafen Osnabrück für den Containerverkehr nicht wirtschaftlich erreichbar ist". Der Grund dafür sind die Brückendurchfahrtshöhen auf dem Stichkanal, die nur einen einlagigen Transport zulassen. Bei der gleichen Situation auf dem Dortmund-Ems-Kanal (DEK) behauptet Herr Bode aber, dass wirtschaftliche Containertransporte dort möglich seien.

Die HWL-GmbH behauptet, ihr geplanter Hafen in Bohmte sei keine Konkurrenz zum Osnabrücker Hafen. Im "Masterplan Hafen Osnabrück" wird das ausdrücklich anders gesehen.

Die HWL behauptet außerdem, das Bohmter Hafen-Einzugegebiet läge bei max. 30 km Umkreis, daher würde der Hafen in Minden keine Konkurrenz sein. In dem "Masterplan Hafen Osnabrück" wird das konkrete Beispiel "Schlackenrecycling" genannt, in dem der 50 km entfernte Hafen in Spelle dem Osnabrücker Hafen Konkurrenz gemacht hat. Im 50-km-Radius von Bohmte aus befindet sich der Mindener Hafen.

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