Alibiveranstaltung der HWL-GmbH

Am Mittwoch, den 19. Oktober 2022 führte die Hafen-Wittlager-Land GmbH (HWL-GmbH) eine Informationsveranstaltung durch, um die Öffentlichkeit über den (Um-)Bau des Bohmter Hafens zu informieren und Fragen zu beantworten.

Eigentlich eine gute Idee, fordern wir, die IG Oelinger Hafen, doch die Beantwortung unserer Fragen schon seit vielen Jahren.

Jedoch – wir waren nicht eingeladen worden. Obwohl sich die HWL-Führung öffentlich damit rühmt, mit uns im Gespräch zu stehen (... Die Geschäftsführerin der Hafen Wittlager Land GmbH stellte auch dar, wie wichtig ihr eine gute Kommunikation mit den Anliegern sei, auch mit der IG Oelinger Hafen haben bereits Gespräche stattgefunden... ), gab es keinerlei Informationen an uns. Überhaupt war die Einladung ziemlich unscheinbar geraten: Am Dienstag, den 18. Oktober, also genau einen Tag vorher, hatte die Neue Osnabrücker Zeitung auf die Veranstaltung hingewiesen. Außerdem hat es angeblich eine Pressemitteilung des Landkreises gegeben,

die aber auf der Landkreis-Homepage nicht erscheint, also nur dem Presseverteiler zugänglich ist. Auch auf der HWL-Homepage steht nichts dazu. Wenn also der Dialog mit der kritischen Öffentlichkeit Ziel der Veranstaltung gewesen sein sollte, hat das schon mal nicht so gut geklappt.

Trotzdem hatten sich laut NOZ-Bericht vom 20.10.2022 (oder s.u.) erstaunlich viele Interessierte auf den Weg gemacht.

Osnabrück oder Bohmte?

Der Bericht zitiert die HWL-Geschäftsführerin, Susanne Neuenfeldt, dass Anlass des Projekts eine Machbarkeitsstudie zur Hafen-Standortfrage „Osnabrück oder Bohmte?“ gewesen sei. Die Entscheidung sei dann für Bohmte gefallen.

(„... Erste Gespräche zwischen Stadt und Landkreis Osnabrück sowie dem Land Niedersachsen über einen Hafen am Mittellandkanal gab es bereits 2008, wie Neuenfeldt erzählte. Denn der Osnabrücker Hafen sei als zu klein empfunden worden. Es folgte eine Machbarkeitsstudie, auch zur Standortfrage „Osnabrück oder Bohmte?“. Die Entscheidung fiel auf Bohmte. ...“)

Damit widerspricht sie früheren HWL-Aussagen, nach denen es nicht um die Frage: Osnabrück oder Bohmte gehe, sondern um: Osnabrück und Bohmte („Ein Hafen – zwei Standorte“). Wir sehen das als Bestätigung der bislang von der HWL-GmbH bestrittenen Theorie, dass die Eigenständigkeit des Bohmter Hafens nur vorgeschoben und der wahre Grund des Projekts die Hafenverlagerung von Osnabrück nach Bohmte ist.

„... Auch in der derzeitigen Fortschreibung des LROP sind weiterhin Hafenstandorte in Bohmte und in Osnabrück vorgesehen. Somit ist die in der Stellungnahme angeführte Darstellung, den Osnabrücker (Hafen nach Bohmte zu verlagern nicht richtig. Es bestehen derzeit keine Planungen für einen Bahnanschluss...“  (S. 142)

Wenn das jetzt also das (kleinlaute) Eingeständnis einer Hafenverlagerung sein sollte, entstehen daraus Folgen. So müsste als erstes Einvernehmen mit der betroffenen Bevölkerung hergestellt werden. Dabei muss allen klar sein, dass die Stadt Osnabrück einen großen Teil ihrer Industrie und der damit verbundenen Verkehre nach Bohmte auslagern wird. Die Bürger müssen offen, mit allen dafür notwendigen Informationen ausgerüstet und ohne Einschränkungen darüber diskutieren können, ob sie sich zum industriellen Vorort degradieren lassen wollen, oder lieber nicht. Alles andere wäre politischer Imperialismus!

Und noch etwas. Wenn die HWL-GmbH eingesteht, dass in Bohmte kein eigenständiger Hafen entsteht, sondern lediglich eine Hafenverlagerung stattfindet, hat das Auswirkungen auf die öffentlichen Fördermittel und auf den Bebauungsplan, weil sich dadurch die Voraussetzungen, unter denen Fördermittel und B-Plan genehmigt wurden, als falsch erweisen. So wurden z.B. Bürgereinwände im Bauleitverfahren mit dem Argument abgewiesen, dass es keine Hafenverlagerung gebe. Die Abwägung wäre also fehlerhaft gewesen.

Standortbegründungen

Weiter zitiert der Bericht die präsentierten Argumente für den Standort in Bohmte, u.a.:

  • die „Schienenanbindung mit Nord-Süd- sowie Ost-West-Verbindung“,
  • die Nähe zum Flughafen Münster-Osnabrück (FMO) und
  • das „Konsumpotenzial“ im Umkreis von 200 km („40% der deutschen und 75% der niederländischen Bevölkerung“).

Jedoch, es gibt gar keine „Schienenanbindung“ am Bohmter Hafenstandort. Weder Ost-West noch Nord-Süd. Es gibt zwar die Eisenbahn-Hauptstrecke zwischen Osnabrück und Bremen auf der anderen Seite des Kanals, die ist aber unerreichbar, weil die Deutsche Bahn AG einen Anschluss auf freier Strecke verweigert.

Trotzdem hatte mit der Behauptung, dass der Hafen nun doch einen Bahnanschluss bekommen würde, die 2019 frischgewählte Landrätin Kebschull ihren Schwenk als Hafengegnerin vor der Wahl, zur Hafenbefürworterin nach der Wahl begründet. Doch auch nach mehr als drei Jahren gibt es dazu keinerlei Konkretisierung. Was kein Wunder ist, denn die HWL-GmbH müsste auf eigene Kosten ein Gleis bis zum Bohmter oder Ostercappelner Bahnhof legen. Die Kosten dafür dürften höher sein als die gesamten bisherigen Projektkosten und das Budget deutlich sprengen. Wenn man bedenkt, dass in Wehrendorf, lediglich 4 km vom Bohmter Standort entfernt, auf der anderen Seite der Hauptstrecke, ein bereits komplett ausgebauter und nur sehr, sehr mäßig ausgelasteter öffentlicher Hafen inklusive Gleisanschluss (!) existiert, stellt sich zwingend die Frage nach dem Sinn des zweiten Hafens und eines zweiten Gleisanschlusses.

Außerdem setzt der geplante Bahnanschluss den Einwand außer Kraft, dass es sich bei dem Projekt schon deshalb nicht um eine heimliche Hafenverlagerung von Osnabrück nach Bohmte handeln könne, weil es in Bohmte ja keinen Bahnanschluss gebe (s.o.).

Der Bohmter Hafen ist 57,5 Straßenkilometer vom Flughafen FMO entfernt. Der Ladberger Hafen 4,8 km, der Hafen in Dörenthe 16 km, Hörstel-Riesenbeck 21 km. Allerdings sind uns keine Waren oder Warengruppen bekannt, die sowohl per Binnenschiff als auch per Flugzeug transportiert werden. Der Sinn der (auch noch fälschlich) behaupteten Flughafennähe

erschließt sich uns nicht.

Mit dem vorgestellten Einzugsgebiet von 200 km Umkreis und der vollkommen absurden Behauptung, „40% der deutschen und 75% der niederländischen Bevölkerung“ erreichen zu wollen, widerspricht die HWL-GmbH früheren Aussagen, nachdem der Hafen lediglich ein Gebiet von 20-40 km abdecke, weshalb weiter entfernte Häfen (z.B. Minden oder Ladbergen) angeblich keine Konkurrenz darstellten. Zugleich steht die Orientierung in Richtung Niederlande (also Westen) im Gegensatz zu der ebenfalls in dem Bericht erwähnten Orientierung des Bohmter Hafens „gen Norden und Osten“. „In die Richtungen seien die Bedingungen besser“.

Das ist ungefähr so wie der Mann, der unter einer Straßenlaterne seinen Hausschlüssel sucht, obwohl er ihn an anderer Stelle verloren hat, weil unter der Laterne „die Bedingungen besser sind“.

Brückendurchfahrtshöhen

Ein weiteres Thema der Veranstaltung seien die Brückendurchfahrtshöhen gewesen. Die HWL-Geschäftsführung soll berichtet haben, dass der bundespolitische Etat für Brückenerhöhungen gekürzt worden sei. Das ist nicht richtig. Tatsächlich hat es nie einen Etat für Brückenanhebungen gegeben. Sämtliche Vorhaben für Brückenerhöhungen sind bereits in den Voruntersuchungen des Bundesverkehrswegeplans 2030 ausgeschieden. Stattdessen sollen die Kanalbrücken nach Erreichen ihrer natürlichen Altersgrenze durch höhere ersetzt werden ("Herstellung des Standards im Zuge Ersatz"). Da ein großer Teil der Brücken aus den 1980er und 1990er Jahren stammt und eine Brücke locker 100 Jahre und älter werden kann, kann das dauern. Sämtliche bisher erfolgten Brückenanhebungen gehen auf Neubauten aufgrund von Kanalverbreiterungen oder sonstigen Veränderungen zurück

Bedarf

Im Bericht heißt es weiter, die Landrätin habe betont, dass der Hafen nur wachsen würde, wenn Bedarf dafür bestehe. Was eine etwas seltsame Ansage ist, denn wer kommt auf die Idee, einen Hafen zu bauen, für den es keinen Bedarf gibt?

Aber anscheinend ist die Idee eines Hafens ohne Bedarf für die Landrätin doch realistisch genug, um sie zu dementieren. Was ebenfalls kein Wunder ist, denn die HWL-GmbH weigert sich hartnäckig, unabhängige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen oder Bedarfsermittlungen in Auftrag zu geben. Die von der HWL-GmbH vorgelegten Zahlen beziehen sich lediglich auf den Containerumschlag, waren maßlos übertrieben und mussten um 30% reduziert werden, was immer noch halbwegs realistischen Erwartungen widerspricht und immer noch nicht belegt ist.

(Im Jahr 2012 prognostizierte die HWL-GmbH, in 10 bzw. 20 Jahren 51.549 bzw. 71.932 Container pro Jahr in Bohmte umzuschlagen. Das wären zwischen 70% und 95% der gesamten in dem Jahr auf dem norddeutschen Binnenwasserstraßennetz bewegten Container! Die HWL-GmbH behauptete somit, in einem Gebiet von 20-30 km Umfang um Bohmte herum gäbe es eine industrielle Wirtschaftsleistung, die 70 - 95% des norddeutschen Binnenlandes entspricht, oder 600 - 800% der Region Hannover. 2018 wurde die Prognose ohne Nennung von Gründen auf 39.697 bzw. 46.523 Ladeeinheiten reduziert. S.5ff)

Wenn die Landrätin ihre eigene Aussage tatsächlich ernst nehmen würde, müsste sie das ganze Projekt stoppen und erst einmal den Bedarf checken, bevor sie die HWL-GmbH weitermachen lässt. Tut sie aber nicht. Stattdessen startet sie lieber neue Legitimationsversuche für den Hafen („Klimaschutzhafen“).

 

Klimaschutzhafen?

Auf der Veranstaltung sei nämlich betont worden, so heißt es weiter, dass großer Wert auf die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt werde. Der Hafen solle CO2-neutral arbeiten, die Schiffe mit Wasserstoffantrieb fahren und mit „grünem Strom“ und „grünen Wasserstoff“ vom Gut Arenshorst beliefert werden. Dort würde auch an einem „Smart Port Shuttle“ gearbeitet, eine Art Lastenfähre, die autonom – also ohne Steuermann oder -frau – fahren würde. Dazu gebe es eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), dem Verein Agrotech Valley, sowie der Universität Osnabrück.

Doch leider halten auch diese Behauptungen einer Überprüfung nicht stand. Schon eine kurze Internetrecherche zeigt, dass weder die DFKI, noch Agrotech Valley, noch die Uni Osnabrück an einem „Smart Port Schuttle“ arbeiten. Das Gut selbst berichtet überhaupt nichts dazu und präsentiert sich stolz als ländliche Idylle in ländlicher Idylle.

Das Smart-Port-Schuttle-Projekt existiert aber trotzdem. Das Fraunhofer-Institut forscht zum autonomen Fahren von Binnenschiffen auf dem Stichkanal Hildesheim. Gefördert wird das Forschungsprojekt vom Bundesverkehrsministerium, das darin eine Chance sieht, unattraktive Strecken, z.B. Stichkanäle, für die Schifffahrt aufzuwerten: Die an dem Stichkanal erstmalig erprobten technischen Lösungen bilden eine Grundlage für den Einsatz im gesamten norddeutschen Wasserstraßennetz, insbesondere für andere Stichkanäle des Mittellandkanals wie Salzgitter, Osnabrück und Hannover-Linden.

Das heißt, mit dem „Smart Port Shuttle-Projekt“ wird extra und sogar wörtlich zur Attraktivitätssteigerung des Osnabrücker Stadthafens am Stichkanal geforscht, was, wenn es denn einmal realisiert werden würde, dem Bohmter Hafen wohl eher schaden als nutzen würde, weil es die Konkurrenz in Osnabrück aufwertet, die ja angeblich (oder vielleicht doch nicht?) ungehindert vom Bohmter Hafen weitermacht.

Das in dem Bericht erwähnte „Förderprogramm zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen“ existiert seit 2015. Das Problem ist nur, dass es aufgrund des hohen Alters von Binnenschiffen und den geringen Verdienstmargen in der Branche kaum angenommen wird. (Das Durchschnittsalter der Frachtschiffe liegt bei 45,6 Jahren, Tankschiffe: 23,7 Jahre, Trockengüterschiffe 63,1 Jahre.)

Laut Bundesverkehrsministerium, Bundesumweltamt und unabhängigen Untersuchungen ist die Binnenschifffahrt noch sehr, sehr weit davon entfernt, schadstoffarm zu arbeiten. („... Das Erbringen des Nachweises von Energieeffizienzsteigerungen stellt die Binnenschifffahrt vor erhebliche Probleme“.)

Es gibt keine gesetzlich vorgeschrieben Fristen zur Modernisierung von Schiffen, lediglich Grenzwerte bei Neuzulassungen – und die sind aufgrund der hohen Nutzungsdauer und den hohen Investitionssummen von Schiffen halt sehr, sehr selten. Viel seltener als bei anderen Verkehrsträgern. Das heißt, der Branche wohnt eine immanente Modernisierungsresistenz inne. Ausgerechnet diese Branche klimaneutral machen zu wollen, zeigt von großem Sendungsbewusstsein.

Oder von großer Ahnungslosigkeit.

Die Dekarbonisierung der Binnenschifffahrt hat aber noch ein ganz anderes Problem: Ihre schiere Größe. Eine grobe Überschlagsrechnung (s.u.) zeigt, dass ca. 4.000 m² reine Photovoltaikfläche nötig sind, um ein einziges Binnenschiff mit grünem Wasserstoff zu versorgen.

Wir staunen daher etwas über den Eifer der HWL-GmbH, sowohl Hafenbetrieb als auch Schiffsverkehr mit Strom aus dem bislang lediglich als grobe Planung existierenden Forschungszentrum Gut Arenshorst CO2-neutral machen zu wollen. Als „Forschungs“-Zentrum bestünde dessen Aufgabe auch nicht in der Lieferung möglichst großer Strommengen, sondern in der Erforschung unterschiedlicher Produktions- und Nutzungsmöglichkeiten „grüner“ Energie. Die hohen Energie-Ansprüche der HWL-GmbH würden dem widersprechen. Auch stellt sich die Frage, was geschieht, wenn das Forschungszentrum gar nicht startet. Die Fa. Claas, die hinter dem Arenshorster Vorhaben steckt, ist sehr stark in Russland engagiert und muss gegen moralische Vorwürfe, gestörte Lieferketten und EU-Sanktionen kämpfen.

Außerdem vermissen wir zumindest grobe Berechnungen, Konzepte und Vereinbarungen, wie dieses ambitionierte Ziel tatsächlich erreicht werden kann. Dabei stellt sich auch die Frage, wie der finanzielle Mehraufwand kompensiert oder von wem er getragen werden soll. Denn der ökologischste Hafen nutzt dem Klima rein gar nichts, wenn er leer steht, weil seine Nutzung teurer ist als die der konventionell arbeitenden Nachbarhäfen. Da sind Absprachen auf europäischer Ebene nötig. Es interessiert uns sehr, wie weit diese sind.

Doch vor allem wird die HWL-GmbH ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Betrachtet man allein den immensen CO2-Fußabdruck durch Abriss des alten und Neubau des neuen Hafens, kann man bei der HWL-GmbH bislang keine Tendenz zur CO2-Einsparung erkennen. Würde die HWL-GmbH ihren öffentlich propagierten Anspruch zur CO2-Vermeidung tatsächlich ernsthaft verfolgen, wären Weiternutzung und Optimierung der vorhandenen Strukturen die erste Wahl gewesen. Stattdessen wurde mit großem Energie- und Medienaufwand tabula rasa gemacht und sogar das nagelneue Metallsilo des Vorgängerhafens abgerissen. Auch die geplante Nutzung von Reach-Stackern, die üblicherweise mit Diesel betrieben werden, statt Kräne, die mit Strom funktionieren, passt nicht zu dem CO2-Vermeidungsanspruch. Zu wasserstofffähigen Reach-Stackern wird zwar geforscht, zur potentiellen Marktreife gibt es aber keine Informationen.

Seitdem die Landrätin den Bohmter Hafen zu einem Klimaschutz-Vorzeigeprojekt umgedeutet hat (spätestens seit der Kreistagssitzung vom 15.10.2020), hatte die HWL-GmbH zwei Jahre Zeit, diese Pläne zu konkretisieren. Jedoch: Fehlanzeige. Stattdessen viel öffentliches Brimborium um den Abriss des Siloturms oder über eine sinnfreie Sprayer-Aktion. So pauschal und unkonkret, wie das CO2-neutral-Vorhaben zur Rechtfertigung aller Maßnahmen präsentiert wird, erweckt es doch sehr den Eindruck einer Möhre, die dem steuerzahlenden Esel vors Maul gehängt wird. Also ein hehres Ziel, mit dem alles Mögliche gerechtfertigt werden kann, das aber gleichzeitig so weit entfernt gehalten wird, dass sich daraus keine konkreten Arbeiten ableiten oder verhindern lassen. Damit wird pauschal jede Kritik ausgehebelt, ein Fuß in der Tür verankert und Fakten geschaffen.

Wir können daher nicht erkennen, dass die angekündigte CO2-Neutralität mehr als eine strategische Ankündigung ist, also genau das, was gemeinhin als „Greenwashing“ bezeichnet wird.

 

Fazit

Wir müssen feststellen, dass unsere Kritik an dem Bohmter Hafenprojekt durch die HWLInformationsveranstaltung nicht geringer geworden ist. Wir vermissen weiterhin einen offenen und sachlichen (!) Dialog. Vor allem fordern wir Klarheit über die Frage, warum die HWL-GmbH mit großen öffentlichen Mitteln den Agrarhafen der Fa. Zerhusen aufgekauft hat, nur um dort jetzt ebenfalls einen Agrarhafen zu bauen. Die HWL-GmbH konnte uns von der Notwendigkeit ihres Projekts nicht überzeugen, insbesondere, weil es bereits mehr als ausreichend Häfen in der Region gibt (im Schnitt alle 6,3 km, der nächste 4 km entfernt – übrigens teilweise im Besitz einer der Agrargenossenschaften, für die angeblich der Bohmter Hafen gebaut wird). Wozu also dieser Aufwand auf Kosten der Steuerzahler?

Daran ändert auch die jetzt geplante CO2-Neutralität des Hafens nichts, denn am meisten CO2 wäre eingespart worden, wenn die HWL-GmbH ganz einfach NICHTS getan hätte. Sämtliche Mittel, die bislang in das Projekt geflossen sind (mindestens 15 Mio. €), hätten direkt  in konkrete und evaluierbare, also nachprüfbare Verbesserungen zum Klimaschutz fließen können.

Offen ist auch nach wie vor die große Frage, ob der Bohmter Hafen tatsächlich eigenständig, oder dessen Autonomie nur vorgeschoben ist, um in Wirklichkeit den Osnabrücker Stadthafen an dessen Stelle zu setzen. Sehr, sehr viele Indizien sprechen für eine Hafenverlagerung, beispielsweise die Machbarkeitsstudie der Stadtwerke Osnabrück AG 2008, oder die Beteiligung der EHB-GmbH, Tochtergesellschaft der Stadtwerke, am Bohmter Hafen. Doch weder HWL-GmbH, noch die Stadtwerke Osnabrück AG, die den Stadthafen betreibt, haben das bislang klar und offen zugegeben.

Eine heimliche Hafenverlagerung aber wäre eine Missachtung sämtlicher demokratischer Beteiligungsrechte und eine schwere – sorry – Verarschung der Öffentlichkeit.

 


Anhang

Binnenschiffe haben eine Motorleistung von ca. 500 – 3.000 PS, im Durchschnitt 1.200 PS bzw. 750 KW pro Schiff und benötigen bis zu 500 Liter Diesel pro Stunde. Insgesamt gab es z.B. im Jahr 2019 allein in der deutschen Binnenflotte knapp 1.200 Motorschiffe mit einer Gesamt-Maschinenleistung von fast 900.000 KW. Da ein Schiff nicht immer Vollgas

fährt, kann von einem Verbrauch in Höhe eines Drittels der Motorleistung ausgegangen werden, also 250 KW pro Schiff. Da es große Bestrebungen gibt, die Liegezeiten von Binnenschiffen zu reduzieren, ist man mit 3/4 Fahrtzeit, also 18 Stunden pro Tag auf der sicheren Seite. Rechnet man mit 300 Tagen Einsatz im Jahr, sind das 5.400 Stunden, also 1.350.000 KWh. Weil bei Herstellung, Verflüssigung, Transport und Wiederumwandlung von Wasserstoff relativ hohe Verluste auftreten, beträgt der Wirkungsgrad lediglich 27%, also gut 1/4 der eingesetzten Primärenergie. Die Versorgung eines Binnenschiffs mit Wasserstoff als Antrieb benötigt also ca. 5.400.000 KWh.

In Niedersachsen beträgt der durchschnittliche jährliche Ertrag von Solaranlagen ca. 1.300 KWh/m². Es sind also ca. 4.000 m² reine Modulfläche (nicht Anlagenfläche!) nötig, um ein Binnenschiff mit grünem Wasserstoff zu betreiben. Da auf Gut Arenshorst sogenannte „Agro-PV-Anlagen“ entstehen sollen, die landwirtschaftliche und solarenergetische Nutzungen gleichzeitig ermöglichen, werden dafür ganz erhebliche Flächen notwendig werden.

 

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NOZ-Bericht von der HWL-Informationsveranstaltung am 19.10.2022
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Kommentare: 7
  • #1

    xxx (Montag, 31 Oktober 2022 15:21)

    Es ist unfassbar was da passiert. Ein derartig umstrittenes Projekt mit öffentlichen Mitteln durchzuziehen, ohne Infos an die Öffentlichkeit zu geben? Das Geld nehmen, aber die Geldgeber ignorieren?
    Wir werden fur dumm verkauft. Es auch nicht zu verstehen, dass eine grüne Landrätin so naiv ist und anscheinend nicht merkt oder nicht merken will,was da gespielt wird

  • #2

    yyy (Mittwoch, 02 November 2022 08:40)

    Das war keine Informationsveranstaltung weil es gab keine Informationen. Wir konnten unglaublichen sprachlichen Schwachsinn aus dem Munde der verantwortlichen Geschäftsführerin hören. „Mein Häfchen“-Niveau.
    Aua.

  • #3

    NN (Freitag, 04 November 2022 13:15)

    „Manche Menschen hätte man nicht mit einem Gehirn ausstatten sollen. Ein Rückgrat hätte vollkommen genügt.“ Albert Einstein. Sorry - aber es ist wirklich nur noch mit Humor zu ertragen, was da passiert...

  • #4

    Willy (Donnerstag, 10 November 2022 17:47)

    Warum müsst Ihr alles immer so schlecht machen? Das ist doch endlich mal ein sinnvolles Propjekt. Irgendwer muss doch mal anfangen mit dem Klimaschutz ! Ich bin stolz auf unsere Landrätin!

  • #5

    GHK (Freitag, 11 November 2022 17:48)

    @Willy
    Die HWL hat NIE die Notwendigkeit dafür vorgelegt, warum die Öffentliche Hand aus Steuermitteln einen Hafen bauen soll. Sie hat nicht einmal einen Bedarf dafür nachgewiesen. Dass wir, wenn wir das Klima zu schützen wollen, erst einmal einen überflüssigen Hafen bauen müssen, leuchtet mir irgendwie nicht wirklich ein.
    Der Hafen ist schlichtweg NICHT NOTWENDIG. Es gibt keinen wirtschaftlichen Grund dafür. Es gibt bereits ausreichend Häfen in der Region.
    Punkt.
    Erklär mir doch mal, warum ein überflüssiger Hafen ein "sinnvolles Projekt" sein soll?

  • #6

    Bienenfresser (Samstag, 12 November 2022 16:57)

    @ Willy, @GHK,
    es ist sogar noch schlimmer. Energie wird teurer werden, ist sie ja jetzt schon. Also wird auch das teurer werden, wofür man Energie braucht. Transporte z.B. Jahrzehntelang war es billiger, Sachen in die Dritte Welt und wieder zurück zu verschiffen als hier zu produzieren. Das wird in Zukunft teurer und damit auch wohl weniger werden. Ganz abgesehen davon wie schädlich das für einheimische Arbeitsplätze, Natur und Klima ist.
    Wenn deine Landrätin nun in dieses schrumpfende Geschäft investiert, ist das wirklich so schlau? Und verfestigt sie dann nicht ein Verhalten, dass - sagen wir mal - nicht gerade klimaschonend ist? Ein weiterer Hafen wäre ein weiteres Angebot, so weiter zu machen wie zuvor. Vielleicht wird ein bisschen Schweröl durch Wasserstoff ersetzt und das dann öffentlichwirksam aufgebauscht. Aber viel kann das nicht sein. Denn würde die Schifffahrt auf Wasserstoff umsteigen, würden Transporte so teuer, dass sie nicht mehr stattfinden.
    Eine klimaneutrale Schifffahrt hat noch keiner durchgerechnet. Wie denn auch?
    Wir brauchen keinen "Klimahafen", wir brauchen weniger Verkehr! Und dieser Hafen soll noch mehr Verkehr anlocken. Also genau das Gegenteil von dem, was nötig wäre.
    Aber wir reißen die Klimaziele ja sowieso, da kommt es darauf auch nicht mehr an.
    Oder?

  • #7

    Stefan2 (Montag, 11 März 2024 21:33)

    Die Öffentlichkeit wird verarscht.
    Warum? Und wer steckt dahinter?
    Wirtschaftliche Interessen!
    Wenn Unternehmen zu offensichtlich Erleichterungen vom Staat bekommen, sieht das nach chinesischen Verhältnissen aus. Die gelten als unfein.
    Wenn der Staat diese Förderungen hingegen als "Infrastrukturmaßnahmen" deklariert, finden das alle ganz toll.
    Dass diese Infrastruktur nur für einige wenige Unternehmen ist, wird dabei regelmäßig gerne übersehen.
    Die werden also heimlich gepimpt und keiner soll das merken.
    Nicht schön!