Kuriose Rechtfertigung für Containerhafen-Neuplanung

Bericht über die Sitzung des Ortsrates Herringhausen-Stirpe-Oelingen am 18. Februar 2020

Ortsratssitzungen behandeln häufig verhältnismäßig lokale Themen. Fälle von größerer Bedeutung kommen eher selten vor. Umso spannender war die Frage, wie der Ortsrat mit einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen Bündnis90/Die Grünen und Die Linke umgehen wird, die Pläne für den Containerhafen in Oelingen offiziell zu beenden.

Der Antrag sieht vor, dass sich die Gemeinde Bohmte nicht mehr an der Planung für den Containerhafen beteiligen und in einem Nachfolge-Bebauungsplan für den vom OVG für ungültig erklärten B-Plan Nr. 99 kein Hafengebiet („Sondergebiet Hafen“) mehr ausweisen soll. Stattdessen soll dort ein Industrie- und Gewerbegebiet ohne Sondernutzungen entstehen.

Für die Antragsteller argumentierte Lars Büttner (Die Linke), dass durch das OVG-Urteil ein Planungsstillstand eingetreten sei und sich gleichzeitig immer stärker herausstelle, dass ein Containerhafen an dem Standort tatsächlich keinen Sinn mache. Um dort aber eine weitere Gewerbeentwicklung zu ermöglichen, solle sich die Gemeinde nun endgültig von der Containerhafen-Planung verabschieden und stattdessen den Weg für andere Nutzungen freimachen.

In der Diskussion betonte der Bohmter Bauamtsleiter Alf Dunkhorst, dass der Gemeinderat jederzeit die Möglichkeit hätte, eine solche Entscheidung wieder zu revidieren, der Entschluss also nicht dauerhaft bindend sei. Derzeit würde die Verwaltung dafür plädieren, einen neuen B-Plan aufzustellen, bei dem das Hafen(-sonder-)gebiet vorerst ausgeklammert würde. Ein neuer B-Plan sei nötig, um die Verlegung der Hafenstraße zu ermöglichen. Die Verlegung sei wiederum nötig, um die Vergrößerung des ehemaligen Zerhusen-Hafens (B-Plan Nr. 109 – Schütt- und Massenguthafen) zu ermöglichen.

Die Vertreter der SPD äußerten sich skeptisch, ob ein Containerhafen an dem Standort tatsächlich so sinnvoll sei, wie die HWL-GmbH immer behaupten würde. Sie würden es aber begrüßen, wenn dort eine allgemeine Gewerbeentwicklung stattfinden würde. Sie wollten sich bei der Abstimmung enthalten.

Für die CDU vertrat vor allem Ortsbürgermeister Arnd Sehlmeyer sehr, sehr, sehr energisch die Meinung, dass ein Containerhafen dort nach wie vor sehr sinnvoll und sehr notwendig sei; und dass das OVG in Lüneburg lediglich formale Fehler gerügt habe und man daher einen neuen, formal korrekten B-Plan für den Containerhafen auf den Weg bringen solle.

Die Abstimmung erfolgte erwartungsgemäß: Die Antrag-Parteien (Grüne, Linke) stimmten für ihren eigenen Antrag (2 Stimmen), die CDU dagegen (3 Stimmen), die SPD enthielt sich, damit war der Antrag abgelehnt.

Das war zu erwarten, ist aber trotzdem kurios!

Wenn die SPD den Containerhafen ablehnt und stattdessen eine allgemeine Gewerbe­entwicklung an der Stelle befürwortet, warum enthält sie sich dann bei einem Antrag, der genau dies fordert, und ermöglicht dadurch ausgerechnet genau das, was sie angeblich ablehnt?!

Die CDU scheint nach wie vor den Beteuerungen der HWL-GmbH zu vertrauen und ignoriert fleißig alles, was dagegen spricht. Kein Wort zum Münsteraner Gutachten, kein Wort über die vollkommen tendenziöse, unsachliche und unhaltbare „Stellungnahme“ des Prof. Bode, stattdessen Schönfärberei ohne Ende.

Fazit: Beide Parteien scheinen richtig große Probleme mit dem Thema zu haben.

Die größte Kuriosität ist aber: Ein neuer Bebauungsplan ist gar nicht nötig! Jedenfalls nicht, wenn man lediglich eine Gewerbeentwicklung will, wie sie alle Parteien (außer die CDU) fordern. Die bestehenden B-Pläne lassen genau die Nutzungen zu, die die Beteiligten angeblich wünschen – außer einem Containerhafen.

Bebauungsplan 109
grafische Darstellung B-Plan Nr. 109

Zurzeit gilt für die Fläche nördlich des Wendebeckens (ehemaliger Zerhusen-Hafen) der B-Plan Nr. 109. Er wird zwar ebenfalls vom OVG geprüft, der Rat hatte aber am 12.12.2019 schon vorsorglich beschlossen, an der Planung festzuhalten, falls das Gericht diesen Plan ebenfalls kippen sollte.

B-Plan  „Industrie- und Gewerbegebiet Mittellandkanal III“
B-Plan „Industrie- und Gewerbegebiet Mittellandkanal III“

Östlich des Wendebeckens gilt der B-Plan: „Industrie- und Gewerbegebiet Mittellandkanal III“ aus dem Jahr 2002, von dem wir hier leider nur eine schlechte Kopie haben.

 

Beide Pläne zusammen, also die aktuelle Planungsgrundlage für das gesamte Gebiet, sieht / sehen ungefähr so aus:

B-Pläne Nr. 109 und „Industrie- und Gewerbegebiet Mittellandkanal III“
B-Pläne Nr. 109 und „Industrie- und Gewerbegebiet Mittellandkanal III“

Durch die direkte Montage der beiden Pläne ist deutlich erkennbar: Die vorgetragene Argumentation, man müsse nach dem OVG-Urteil den östlichen Teil neu überplanen, um die Verlagerung der Hafenstraße zu ermöglichen, ist falsch. Der B-Plan Nr. 109 gestattet die Verlagerung auch ohne einen anschließenden neuen Bebauungsplan im Osten.

Die Straße könnte problemlos verlagert und verbreitert werden, würde aber östlich des B‑Plans 109 nicht mehr 16,50 Meter breit sein (plus jeweils 3 Meter Seitenstreifen auf beiden Seiten = 22,50 m), sondern nur 10 Meter (plus zwei Seitenstreifen = 16 m).

Wobei laut B-Plan Nr. 99 (Abb. unten) die Straßenbreite an der Stelle sowieso auf 11,0 Meter plus ein bis zwei Seitenstreifen (à 3 m) reduziert werden sollte.

Es handelt sich also hier lediglich um eine Differenz von einem einzigen (1) Meter!

Straßenbreiten Hafenstraße nach B-Plan Nr. 99
Straßenbreiten der Hafenstraße nach B-Plan Nr. 99

Daraus ergibt sich die grundsätzliche Frage, welche riesigen Mengen an LKW-Verkehr erwartet werden, um eine 22,50 Meter breite Straße zu rechtfertigen? Entweder ist die Planung ziemlich überambitioniert, oder es kommt da ganz gewaltig was auf uns zu.

Es ergibt sich aber vor allem die Frage, ob eine Straßenverbreiterung tatsächlich weiterhin nötig ist, auch wenn kein Containerhafen geplant wird, und ob eine ein (1) Meter breitere Straße wirklich so dringend notwendig ist, um damit die Aufstellung eines gesamten neuen Bebauungsplanes zu rechtfertigen?

Oder anders: Wenn Verlegung und Verbreiterung der Hafenstraße nicht der Grund für die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes sein können, warum werden sie aber als Begründung vorgebracht?

Wir haben in der Vergangenheit dieses Projekts eine große Menge von unhaltbaren Behauptungen, vorgeschobenen Begründungen und haltlosen Versprechungen erleben dürfen. Nur eins nicht: Eine offene und ehrliche Auseinandersetzung um die Entwicklung des Hafengebietes.

Und jetzt?

Schon wieder so eine windige Sache. Was um alles in der Welt steckt wirklich dahinter?

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